Die Sonne scheint – zumindest noch. Da mein Hintern voller Hummeln ist (ja, ist ja auch genug Platz), mache ich mich auf in die Stadt. Ein bisschen was bummeln, Leute beobachten, eben all so was. Hinter mir geht irgendwann ein junges Pärchen. Mittlerweile weiß ich nun auch, warum er unmöglich mit Nico und Fred in eine WG ziehen kann. „Ich kenn´ dem Nico sein Standard, und ich kenn´ dem Fred sein Standard. Ich hab´ ja schon mein Standard, aber bei Nico? Wenn der sagt, der Löffel is ok so, dann würd´ ich nich ma drauf sitzen.“ Hätte ich nur all die Jahre gewusst, dass man auf Löffeln auch sitzen kann! Aber so was lernt man nicht im Bildungsfernsehen.
Ich schlendere durch einen kleinen Laden, der lauter nette, kleine Dinge hat. Im Grunde könnte ich hier alles kaufen. Brauchen tu´ ich davon nichts, aber hey, schön sind die Sachen deswegen trotzdem. Es ist alles sehr eng in diesem Lädchen, fast schon wie ein Hindernis-Parcours. Ein Mann will mir den Vortritt lassen, aber ich möchte genau dorthin, wo er nun ist. Ich zeige auf den Schmuck, der dort liegt, und er entschuldigt sich auf Englisch. Süß. Ihn trifft ja gar keine Schuld. Aufgrund der Beengtheit entschuldigt sich seine Begleiterin kurz danach auch noch bei mir – ebenfalls in englischer Sprache. Ich kann es mal wieder nicht lassen und frage die beiden, woher sie seien? New York. Hä? Äääääh, was machen sie dann hier in Aachen? Ich meine, es gibt ja keine Direktroute New York – Aachen? Und auf der Liste „the ten places to be“ steht Aachen auch nicht – soweit ich das weiß. Sie seien derzeit ein paar Tage in Düsseldorf. Vor zwei Jahren haben sie wohl Köln besucht, dieses Jahr wurde ihnen Aachen empfohlen. Gut, unser Dom ist von innen auch tausend Mal schöner als der Kölner Dom, der allerdings von außen wesentlich mehr hermacht.
Da kommt mir der Gedanke, dass sie unsere Printen probieren müssen. Dafür sind wir ja schließlich bekannt. Aber nicht irgendwelche! Nein, es müssen die von Klein sein, weil die die letzten Printen-Bäcker sind, die noch tatsächlich in Handarbeit herstellen. Die Verkäuferin des Lädchens ist keine Hilfe, weil sie Printen nicht möge. Mir fällt hingegen der Straßenname partout nicht ein. Ich kritzel´ auf Bettys Bahn-Unterlagen das Wort „Printen“, den Namen „Klein“ und erkläre, wie sie vom Puppenbrunnen aus dorthin kämen. Und dann denke ich an meine spektakuläre Orientierung. Die ist fast so gut wie meine Wegbeschreibungen. Die beiden hätten wahrscheinlich jede Menge Spaß, wenn sie so liefen, wie ich es ihnen beschriebe – allein, sie kämen nie dort an.
Kurzentschlossen biete ich mich an, sie dorthin zu begleiten. Sie wirken einfach sehr nett, offen und wissbegierig. Ich denke an meine Zeit in Cusco. Ein paar Insider-Infos fand ich da auch immer schön. Und so schlendern wir drei dann eben gemeinsam durch Aachen, während ich erfahre, dass sie beide bei einem Medizin-Kongress in Düsseldorf sind. Es geht um Rehabilitation, woraus sich ein reger Austausch erstreckt – natürlich mit meinem Lob für die Holländer, die uns in dem Bereich um Längen voraus sind. Zwischendurch zeige ich den beiden, wie sie später zum Dom gehen können, erkläre ihnen den Puppenbrunnen und bringe sie so zu Klein. Die haben am Fenster nur die trockenen Gewürzprinten, aber auf Nachfrage lassen sie die Amis auch die mit Schokolade überzogenen kosten. Gottseidank schmeckt es den beiden. Betty fragt noch, welche ich am besten finde. Ich zeige sie ihr, woraufhin sie drei Tüten kauft und mir eine davon reicht. Als Dankeschön, was ich natürlich nicht möchte. Sie bestehen aber darauf.
Er entschuldigt sich dann irgendwann bei mir für ihren Präsidenten, was ich immer wieder spannend finde. Auch sie sei völlig erschüttert, wie so ein Mensch ihr Land regieren könne. Wir reden über alles mögliche, bis Betty irgendwann meint, ich hätte so waaaaahnsinnige Ähnlichkeit mit Meryl Streep, ob ich die kenne? Klar, ich bewahre als ihr Double natürlich ihre Oscars für sie auf. Auch das erinnert mich an Cusco, als die liebe Ellie mich auf meine Ähnlichkeit zu Brené Brown aufmerksam gemacht hat. Ich scheine ein Allerweltsgesicht zu haben…wer also ein Double braucht: Einfach kurz Bescheid geben
Zum Abschied umarmen wir wildfremden Menschen uns einfach, wobei Betty mir noch sagt, dass alles Gute im Leben zu einem zurückkomme. Und es sei unwahrscheinlich lieb und toll gewesen, dass ich mir Zeit für sie genommen hätte. Ääääh, so was überrascht mich immer wieder. Es war ja nicht uneigennützig von mir. So konnte ich Englisch quatschen, hatte intelligente Gesprächspartner und habe spannende Dinge erfahren. Und ja, ich habe leckere Printen abgestaubt, aber das war keineswegs meine Intention.
Ich denke wieder an Peru, wie leicht ich mit anderen Menschen ins Gespräch gekommen bin und wie wohl ich mich dort gefühlt habe. Ich vermisse dieses Land und seine Leute, aber stelle auch fest, dass – wenn ich mit etwas Zeit und offenen Augen durch die Stadt laufe – ich auch hier auf fremde, interessante Menschen treffen kann. Ich muss es nur wollen…also will ich mal!
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