Ich habe es satt. Was genau? Ich habe mir vor vier Jahren Stühle gekauft. Ein komplettes Ensemble vom dämlichen Bettenlager. Ja, die werden anders geschrieben. Mir doch egal. Nie wieder würde ich diese Kombi kaufen. Dennoch bin ich so erzogen, nichts wegzuschmeißen, was nicht defekt ist. Und die Stühle sind nicht defekt – nur sauunbequem. Und dazu knarzen sie in einer Tour. Dämlich. Nun werfe ich diesen Vorsatz aber über Bord, weil 4 Jahre ärgern nur zusätzliche Falten verursacht, was in meinem Alter kein Spaß mehr ist.
Jetzt gab es ja den Black Friday und all das Geschiss drumherum. Also habe ich mich aufgepackt und bin wieder zum dämlichen Bettenlager gefahren. Dort stand ein brauner Schwinger. (Damit meine ich einen Stuhl, Ihr Ferkel!) Um mich zu vergewissern, spreche ich also eine Verkäuferin an. Ich erkläre ihr: „Ich habe die Garnitur hier gekauft. Die Stühle sind aber so was von superscheiße, dass ich sie am liebsten anzünden würde!“ Die Reaktion überrascht dann selbst jemanden wie mich. Die Verkäuferin strahlt mich an und verkündet: „Streichhölzer haben wir im Sortiment.“ So viel Dreistigkeit finde ich schon echt interessant. Die Stühle, die ich mir ausgeschaut hatte, waren im Angebot. Ich wollte lediglich ihre fachfräuische Meinung. Sie sagt allerdings nur lapidar, dass das ja immer nur Geschmacksache sei. Na danke, warum hatte ich die dumme Nuss noch mal angesprochen? Und dann meine allerletzte Frage: „Werden die denn am Black Friday, mit dem Sie ja werben, noch mal günstiger?“ Nö. Sie entdeckt sogar, dass es noch das Angebot von letzter Woche sei, also wäre der reguläre Preis wieder der richtige. Wir haben Dienstag, wohlgemerkt. Ich schau´ sie lächelnd an, atme durch und sage ihr: „Dann verstehen Sie sicherlich, dass ich hier nichts kaufen werde.“ Sie nickt. Das isses.
Ich bestelle online. Ganz ehrlich? Ja, online zu kaufen, macht die kleinen Händler platt. Die können nicht mehr mithalten. Das mag ich nicht. Aber so eine Antwort erhalte ich im Internet nicht. Da weiß ich, dass kein Service dabei ist. Also bleibt es bei der Online-Bestellung, die gut funktioniert. So gut, dass die Ankündigung ist: Meine Stühle kommen zwischen dem 14. und 24. Dezember. Ok. Als ich dann samstags zu den Briefkästen schlurfe, denke ich noch darüber nach, wie Menschen im Hausflur einfach so zwei fette Kartons lagern können, entnehme meine Post aus dem Briefkasten und will wieder gehen. Irgendwas hält mich an und lässt mich nachschauen, ob was auf den Kartons steht, für wen sie sind. Sie sind für mich. Ich habe bis heute keine Nachricht über Amazon erhalten, wie es üblich ist. Da steht immer noch 14. – 24.12. drin. Auch die Post hat keinen Zettel hinterlassen. Gut, die Kartons sind so fett, dass man sie nicht übersehen kann.
Umständlich schleppe ich die Beute mit mir…nur um festzustellen, dass ich zu doof, schwach und Mädchen bin, die Stühle allein aufzubauen. Ich bekomme Hilfe, was mir ja schon schwerfällt. Nach dem Aufbau kommt aber der Abbau. Die knarzenden Drecksstühle müssen ja abgebaut werden, weil ich sie sonst in meinem kleinen Fökki nicht transportieren kann. Selbst dabei stelle ich mich so handwerklich geschickt an, dass ich mir eine Blutblase zulege. Wie sagte mein Obimann dazu: „Schatzi, warum hast Du mich nicht angerufen? Ich hätte das für Dich erledigt. Wie willst Du Deine Leute schulen und motivieren, wenn Deine Arme eingegipst sind?“ „Aber…aber…das muss ich doch können.“ Seine trockene Antwort: „Du hast andere Qualitäten. Lass so was Menschen machen, die was davon verstehen.“ Pffffff…geht gar nicht!
Jetzt dachte das naive Stück in mir, dass ich das zum Wertstoffhof bringe und kostenlos entsorgen kann. Ääääh, nö. Erstmal muss ich mir einen suchen, der mich da aufklären kann, denn bei Holzabfall ist ein Euro-Zeichen abgebildet. Es wimmelt von Männern, aber keiner sieht nach Wertstoffhofmann aus. Ich gehe zu einer Baracke und begehe den folgenschweren Fehler, einen Bayer bei seiner Pause zu stören. Ich frage zögerlich und höflich nach. Der gute Mann kaut noch, sagt, er käme gleich, aber er könne ja nicht vom Fleisch fallen, gell? Dabei reibt er sich seinen dicken Bauch. Ich mag ihn sofort. Menschen mit Humor sind immer ein Geschenk. Er schaut auf meinen Korb, wo die Streben drin sind, und sagt: „2,50 €.“ „Äääääh, da gehören noch die anderen Teile im Kofferraum dazu. Das sind 4 Stühle.“ Er schlurft mit mir zum Auto, schaut drauf und sagt: „Och, bast scho…2,50 €.“ Ich könnte ihn knutschen, aber dann….ääääh, nach einem weiteren Blick denke ich: ´Lieber doch nicht´, händige ihm das Geld aus und entsorge den Kram. Auf einmal kommt einer auf mich zu: „Ha, bestimmt noch nicht bezahlt, gä?“ Ich zücke meinen grünen Schein und sage: „Bin doch ein braves Mädchen.“ Immerhin schmunzelt er daraufhin, schaut dann aber und meint: „Nur 2,50 €? Das ist doch zu wenig!“ „Ääääh, ich mach´ hier nicht die Preise. Fragen Sie Ihren Kollegen.“ „Der war doch beim Essen.“ „Jepp.“ „Des mog er fei net.“ „Hat man am Preis nicht gemerkt. Schönes Wochenende noch.“ Und dann gehe ich. Was soll ich auch tun? Meine neue Freundschaft mit dem anderen riskieren? Nö. Schlimm genug, dass ich für diesen Scheiß hier sowieso was zur Entsorgung zahlen muss.
Mit weniger Ballast, neuen schönen Stühlen genieße ich die graue Adventssuppe da draußen und denk mir: Manchmal passt es einfach, oder?
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