Wie heißt das Sprichtwort so nett: „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben“? Richtig. Hätte ich mich mal daran gehalten. Letzte Woche war noch mein Credo: Weiter so. Diese Woche dann nicht mehr. Man, man, man, hab´ ich mich diese Woche wie Rumpelstielzchen gefühlt.
Zunächst eröffnet mir mein Kollege, mich letzte Woche getestet zu haben, als er mich gebeten hatte, den Workshop zu leiten, was seine Aufgabe gewesen wäre. Bei so was frage ich mich immer, was die Motivation hinter so einem Verhalten ist? Es erschließt sich mir nicht. Warum muss ich Kollegen/Mitmenschen testen? Naja, er wollte mal sehen, wie ich reagiere? Ah ja. Mir schießt da spontan durch den Kopf, einfach mal zu testen, wie er auf Starkstrom am Sack reagiert. Ernsthaft, wäre doch mal interessant, diesen Tanz anzuschauen. Mach´ ich aber nicht, weil erstens: Wie komme ich an Starkstrom und zweitens: Wie komme ich an seinen Sack? Da ich Letzteren nicht sehen will, verwerfe ich den Gedanken schnell wieder. Nicht aber, ohne klarzustellen, wie überaus fies ich werden kann, wenn ich das Gefühl habe, verarscht oder ausgenutzt zu werden. Fakten auf den Tisch, dann ist immer mit mir zu reden. Er scheint es kapiert zu haben. Ich habe ja auch den Todesblick aufgesetzt. Das kann ich gut.
Und dann eröffnet mir mein Chef, die Konzeptarbeit, die ich mit oben erwähntem Kollegen in den letzten 2 1/2 Monaten erstellt habe, wird wohl nicht umgesetzt. Ääääääh, wie bitte? Jo, es gibt doch DIE Superlösung, auf die wir einfach wieder zurückgreifen. Wie war das noch mit „Kulturwandel“? Ach, da sch*** wir doch mal getrost drauf. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich dann schon einen etwas erhöhten Pulsschlag á la Rumpelstielzchen, als man dessen Namen in Erfahrung gebracht hat.
Zur Krönung darf ich aber in einen Leitungskreis, für den ich mir ein Thema aussuchen soll, weil mich der Centerleiter mal kennenlernen will. So was liebe ich ja. Völlig sinnfrei, aber was soll´s? Und das schmeckt meinem Chef wiederum nicht, weil das doch voll toll ist. Ich darf da was vortragen und mich „präsentieren“. Meine Antwort: „Schon ok, dann spiele ich eben Zirkuspferdchen vor den Affen. Mach´ ich. Verlang´ nur nicht von mir, dass mir das Spaß macht.“ Doch genau das will er. Ich erkläre nochmals ruhig meine Sichtweise, dass ich denke, die Jungs hätten keine wirklichen Themen und würden es lieben, Menschen vorzuführen. Ich verweigere mich dem ja nicht, halte für mich allerdings fest, es sei eine sinnfreie Übung.
Die Antwort ist putzig: „Du bist bockstur.“ Ach. Das ist ja mal was Neues. Habe ich noch nie gehört. Daher antworte ich auch nur trocken: „Das weißt Du aber nicht erst seit heute, oder?“ Ernsthaft: Ich mag es, mit Menschen zu arbeiten. Ich mag es, mich mit ihnen auszutauschen. Ich mag es hingegen nicht, wenn man mich einbestellt, zu irgendwas zu referieren, weil sich die Herren langweilen. Wenn mich der Oberboss kennenlernen will, soll er mich einladen zu einem 4-Augen-Gespräch. Ich stehe ihm gerne Rede und Antwort – auch wenn sein Parfum einen Büffel betäuben könnte. Ehrlich, ich würde das aushalten. Aber nein, ich soll vortanzen. Mache ich doch. Schließlich werde ich auch dafür bezahlt, wenn meine Arbeit für die Tonne ist – so wie das Ergebnis der letzten 2 1/2 Monate.
Ich bin also doch urlaubsreif, was ich Anfang der Woche noch abgestritten habe. Nur gut, dass ich nächsten Mittwoch losdüse. Um eine liebe Kollegin noch vorher zu sehen, waren wir dann heute zum Essen verabredet. Zum Schluss sagt sie im Brustton der Überzeugung: „Du bist meine Inspiration!“ Und da stehe ich dann und weiß nichts zu sagen. Was für den einen bockstur ist, ist für den anderen Inspiration? Ich bin verwirrt. Aber das halte ich aus. Schließlich fliege ich ja bald nach Amiland und werde mir in New Orleans den Mardi Gras anschauen dürfen – fernab jeder Starkstromphantasie und Affenzirkus-Vorführung. Ach, ich bin wohl doch ein Glücksschwein.
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