Vollmond. Ja, der Gute sieht ja tatsächlich toll aus, wenn er voll ist – im Gegensatz zu den meisten Männern. Wenn die voll sind, haben sie so glasige Augen. Aber der Mond? Nö. Der nicht. Kann natürlich daran liegen, dass er keine Augen hat. Egal. Jedenfalls sieht er beeindruckend aus. Nur wenn man platt vom Wandern ist und der Dööspaddel mitten ins Zimmer scheint, hat sich das Beeindruckende schnell erledigt.
Möglich wäre es, die Jalousien in der Dachwohnung zu schließen, aber dazu müsste man die Fenster vorher auch schließen. Hmm, schwere Entscheidung: Fenster schließen und bei den Temperaturen ersticken oder aber den Mond mitten ins Gesicht lachen lassen. Wir haben uns komischerweise für letzteres entschieden.
Die vermutlich schlechteste getestete Matratze ärgert meinen von Muskelkater ohnehin schon gezeichneten Körper dann doch so sehr, dass ich bereits um 6:30 Uhr ächzend und stöhnend in Zeitlupe aufstehe und mich Richtung Dusche aufmache.
Ich will noch mal 17 sein! Vor 17 hatte ich zwar auch schon keinen Muskelkater, aber mit 17 wurde es mit den Jungs dann auch interessant. Also 17! Kein Muskelkater, keine nennenswerten Sorgen (ok, damals natürlich schon), und es gab noch halbwegs nette Jungs auf dem Markt. Bilanz heute? Fieser Muskelkater, allergische Reaktionen auf diverse Obstsorten und männertechnisch nur noch kaputtes Spielzeug. Pffff…17!!! Das wär’s.
So dusche ich aber nur mein 42-jähriges Ich, frühstücke mit meiner Sis und düse zur Karwendelbahn. Wir sind bei der ersten Fahrt des Tages mit von der Partie. Der Fahrer ist eigentlich Koch und übernimmt nur die erste Fahrt. Bei dem wirklich langen Bart hätte ich definitiv nicht auf Gastronomie getippt, aber wer weiß? Vielleicht gibt es so ein Haarnetz mittlerweile auch für Bärte? Wenn nicht, möchte ich nicht weiter darüber nachdenken.
Gut, man hätte bei 2224 m darauf kommen können, es oben etwas zapfiger anzutreffen, aber mein Ziel heißt, mich wieder wie 17 zu fühlen! Da hab ich mich um so was bestimmt nicht geschissen. Es ist frisch, aber es geht. Leider (hört sich besser an als „Gott sei es gelobt und gepriesen und meinetwegen auch noch gebenedeit!“) sind die weiteren Wege gesperrt, da sie zum Großteil noch von Schneefeldern unterbrochen sind. Daher geht nur ein Teil des Panoramaweges.
Es ist echt schön hier. „Berge, Gandalf… Ich will wieder Berge sehen!“ schießt es durch meinen Kopf. Es geht ein Stück bergan, was mit dem fiesen Muskelkater echt nicht lustig ist. Und dann ist da auch schon ein Schneefeld. Entgegen der weit verbreiteten Meinung bin ich in der Tat sehr regeltreu. Der Weg ist nicht gangbar. Außerdem sagen die Schilder, man solle nicht abseits der Wege gehen, um die Natur nicht zu sehr zu beanspruchen. Aber die anderen gehen auch. Ja ja, ich weiß: Wenn alle von der Brücke springen, springst Du dann auch? Ich trotte dennoch los. Hmm, dieses Schneefeld zu überqueren, finde ich nicht sooooo lustig. Während meine Sis zielsicher und hoch aufgerichtet geht, hab ich mit meiner blühenden Phantasie natürlich geile Bilder, wie ich so abgerutscht und zerschmettert wohl aussehe. Der Tipp meiner Sis, als ich dann schon fast auf allen Vieren krabbel (tatsächlich sind es alle Dreie, weil ich mit der rechten Hand nirgends reingreifen kann und die linke nun auch allmählich abzusterben droht), ist sehr motivierend: „Wenn Du abgerutschst, versuch doch, Dich auf den Bauch zu drehen. Dann ist der Schaden kleiner.“ Warum??? Weil ich mit den Möpsen bremse? Und was nutzt der kleinere Schaden, wenn die Visage völlig dahin ist? Und – warum zum Teufel redet sie vom Abstürzen?!?!
Irgendwie überwinde ich das Feld und denke dann, wie doof ich doch bin, denn zurück muss ich ja auch noch. 17… mei, war des schee damals!
Zwischendurch gibt es ausreichend Bänke zum Rasten. Sowie wir die Apfeldose öffnen, kommen viele schwarze Vögel geflogen. Jetzt bloß nicht an Hitchcock denken. Aber nö die hier sind nett und wollen nicht an mich ran, sondern lediglich an die Äpfel.
Beim Abstieg dann komme ich an einer Bank vorbei mit einem Pärchen drauf. Sie sieht es wie ich: Übers Schneefeld erst, wenn alle vom Berg sind und keiner zuschauen kann. Ich schaffe es dann aber doch, die ersten Schritte in aufrechter Haltung zu tun, bis, ja bis ich wieder Kopfkino hab. Und auf der anderen Seite wartet jetzt auch noch ein Paar auf die Überquerung! Die ratschen derweil mit meiner Sis. Im Angesicht meines Todes plaudern die da munter über weiß-der-Teufel-was. Und da passiert’s: Das rechte Bein wird vom Berg gefordert, denn es versinkt bis zum Knie im Schnee. Klar tänzel ich nicht wie Legolas über den Schnee. Aber ich schaffe es – mit allen Gliedmaßen, aber dieses Mal halbtoter rechter Hand.
Im Tal, also in Mittenwald, entschädigt uns ein schönes Stück Kuchen, bis Hardcore-Sachsen einfallen. Ich schaffe es kaum, unfallfrei zu essen, weil ich immer wieder Lachanfälle bekomme. Aber es geht… und es ist noch immer alles drin. Nicht schlecht, oder?
Die Sonne fordert ihren Tribut. Auch wenn es heute auf dem Berg angenehm frisch war und ich eingesprüht war, hab ich Sonnenbrand. Irgendwas muss mich ja schließlich mal hinwegraffen. Wenn’s der Berg nicht schafft, dann eben die Sonne. Die Natur holt sich ihr Recht.
In diesem Sinne: Trotzt der Natur, bevor sie Euch holt.
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