Heute hab ich frei. Nach zwei Tagen Rumtigern in „de Buud“, hab ich keine Lust mehr. Also war ich schon eine Stunde spazieren. Es ist kalt, saukalt, doch auch richtig schön. Der Himmel ist so blau, dass man denken könnte, alles sei in Ordnung. Ist es ja aber nicht. Corona, wohin das Auge blickt.
Ich hab es vorhin so für mich auf den Punkt gebracht: Die jetzige Krise wird das Schlechteste hervorbringen und das Beste. Ich lerne manche Menschen jetzt erst so richtig kennen. Mein Chef hat sich beispielsweise noch gar nicht gemeldet. Infos erhalten wir über Umwege oder aus den Medien. Dabei sind wir im Home Office – nicht im Urlaub oder gar im Shut Down. Die Frage wird für mich sein: Wie kann ich mit so jemandem nachher noch auf Augenhöhe arbeiten? Jemand, der vor 1 1/2 Wochen am Wochenende noch zu einer Skihütte in Südtirol fährt. Wie kann ich da noch Respekt haben? Wird schwierig. Da war nämlich schon überall bekannt – und in Bayern erst recht – dass Grenzschließungen bevorstehen und man Skigebiete in Österreich unbedingt meiden solle. Jo, aber der Urlaub war ja bereits geplant und in diesem Jahr auch erst knapp drei Wochen im Februar der erste Urlaub. Da kann man ja schon mal arbeitsmüde sein und Erholung brauchen. Logisch, oder?
Noch erschreckender finde ich allerdings die Entwicklung in Heinsberg – den Kreis, aus dem ich ursprünglich komme und den wirklich niemand vorher kannte. Jetzt hat er Berühmtheit erlangt, wenn auch zweifelhafte. Und genau das ist nicht fair! Die Menschen dort sind immer noch Menschen. Verlassen sie ihr Kreisgebiet, riskieren sie bespuckte und zerkratzte Autos. Scheiben oder Scheinwerfer sind mutwillig zerstört. Welche dumme Sau macht so was??? Und das ist nicht ein Ausnahmefall, sondern passiert zuhauf. Autobesitzer wollen verzweifelt Nummernschilder ändern lassen, um das Stigma loszuwerden.
Ein junges Mädel macht dieses Jahr Abi (so es denn stattfindet) und kann gute Noten vorweisen. Aber es hagelt nur Absagen. Aber dann wird sie eingeladen. Sie hat ein Vorstellungsgespräch. Verständlich, dass sie einen Freudentanz hinlegt. Bis ein Tag später das Telefon klingelt: „Sie sind ja aus dem Kreis Heinsberg?! Äääh, da müssen wir das Vorstellungsgespräch verschieben. Das kann so nicht stattfinden.“ Und noch einen Tag später kommt die Absage per Telefon, da man die Stelle zwischenzeitlich besetzen konnte.
Echt jetzt? Wo leben wir denn? Politiker, wie der kleine Laschet, zögern und tun nix, derweil sich Landräte selbst helfen müssen. Nachher heißt es dann: „Ich war immer nah am Geschehen. Die Bürger konnten jederzeit auf mich zählen.“ Ich glaube, ich muss schon im Vorfeld dazu kotzen.
Es muss auch darüber berichtet werden, wie die Leute entwertet werden! Diese Menschen dort haben auch Angst. Dazu brauchen sie nicht noch die Abwertung anderer. Sie haben nichts falsch gemacht. Wir müssen uns gegenseitig unterstützen und nicht ins Mittelalter zurückkehren. Solche Entwicklungen kenne ich nur aus Überlieferungen zu Zeiten der Pest.
Wenn ich abseits der Medien höre, was wirklich los ist, bin ich erschüttert. Ja, ich höre auch davon, wie sich die Leute dort untereinander helfen und solidarisch verhalten. Aber ich will nicht wegschauen bei asozialem Verhalten von Menschen mit Lochfraß im Hirn. Was jeder Einzelne tun kann? Kontakte meiden und ruhig bleiben. Die Welt wird nicht untergehen. Und wenn jemand beobachtet, wie Menschen sich so Scheiße aufführen, einfach mal bloßstellen. Vom Weggucken und „betrifft mich ja nicht“, wird es nicht besser. Und ich will nicht mehr im Nachhinein hören, dass das ja keiner wusste. Das hat nach 1945 auch die breite Masse behauptet. Klingt radikal, meine ich auch so.
In diesem Sinne: Wegschauen gilt nicht mehr!
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