Ich bin kein großer Vogel-Fan. Klar, Spatzen und Meisen finde ich schon süß. Aber alle Vögel, die größer werden, kann ich von Weitem faszinierend finden, habe allerdings Angst vor deren Schnäbeln. Und doch bin ich fasziniert, als gestern ein Eichelhäher auf meiner Balkonumrandung landet. Das sind mal Farben! Echt ein schönes Tier. Das sind so die kleinen Lichtblicke, die es immer und überall gibt und ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Er verharrt kurz, bevor er dann wieder weiterfliegt. Ich würde ihn zu gerne mal begleiten…
Heute bin ich dann mal wieder in Schlumpfhausen. Keine Ahnung, ob das irgendwer von Euch nachempfinden kann…? Ich kann mich ja hervorragend in Situationen hineinsteigern. Das verpufft dann auch wieder, aber erstmal schießt alles in mir hoch. So auch heute wieder. Der Kursleiter hat es gestern nicht ein einziges Mal geschafft, pünktlich nach den Pausen wieder anzufangen. Und da ist ein Triggerpunkt bei mir. Das hat schlichtweg etwas mit mangelnder Wertschätzung zu tun. Das ist natürlich meine Interpretation. Bei ihm ist das eine andere Ursache, doch das ist mir in solchen Momenten egal.
Und so ist es auch heute Morgen wieder. Der Schlumpf kommt später ins Webinar, fläzt auf der Couch herum und berichtet dann auch davon, Yogalehrer zu sein und fordert uns zu Achtsamkeit auf. Achtsam? Ich hau´ Dir gerne achtsam eine aufs Maul, damit Du zukünftig pünktlich erscheinst. Er möchte heute mit einer Meditation starten. Wer nicht mag, darf es lassen. Prinzipiell ist das ok für mich. Nur leider kann ein Schlumpf nicht von gestern bis heute denken. Gestern hatte ich ihn noch darauf aufmerksam gemacht, dass er eventuell ein Datenkabel anschließt, damit seine Verbindung stabiler wird? Und siehe da, es hat funktionert. Aber Yogischlumpf hat da heute wohl wieder nicht daran gedacht. Und so fängt er an…und es reißt immer wieder ab. Bei der Meditation soll man zur Ruhe kommen. Aber so was hier bewirkt bei mir leider das Gegenteil! Wenn man ihn dann hört, kommt ein: „Mögest Du…äääh…mmmh…was hatten wir noch nicht? Ääääh…mögest Du fr…“, aber da reißt der Ton schon wieder ab. Ich bin aggro – anstatt friedlich und ruhig.
Um mich wieder auszugleichen, schreibe ich mit einer Kollegin aus der anderen Gruppe (die mir die Geschichte mit dem Sprung in der Schüssel geschickt hat). Mit ihr schaffe ich es, das Ruder rumzureißen und wieder zu lachen. Sie fragt mich, was wohl Komorbidität bei Schlümpfen sei? Vermutlich Alkoholabhängigkeit, weil der Partner eben ständig blau sei? Und so geht es munter weiter. Ich pflege mit ihr unsere Vorurteile, bis ich nur noch lachen kann. Bei der Kursteilnehmerin mit ihren Date-Schilderungen kommt ihr die Assoziation von der Hexe Ursula (Arielle), was mich zum Losträllern bringt. Und siehe da: Das scheint meine Art der Meditation zu sein. Das erdet mich, weil ich wieder lachen kann und die Aggressionen vertreibt. Manchmal helfen paradoxe Interventionen…je paradoxer, desto besser – zumindest bei mir.
Der Abschuss kommt dann aber erst noch: Der Dozent schafft es dann doch, uns Definitionen aus Wikipedia vorzulesen. HALLO?!?!?! Dafür zahle ich Geld? Ehrlich, das kann ich auch so machen. Dazu benötige ich keine Webinare oder gar Präsenzveranstaltungen. Die einzige Frage, die sich mir stellt, ist: Soll ich was sagen oder nicht…bzw. warum gebe ich dem Trainer nicht die Rückmeldung? Was hält mich davon ab? Natürlich denke ich, dass sich das nicht gehört. Das tut „man“ nicht. Wenn ich es positiv auslegen möchte, könnte ich ja sagen: „Hey, er darf auch was lernen! Wenn er kein Feedback bekommt, denkt er, er mache alles richtig.“ So gesehen, wäre es nur fair. Aaaaaaaaber, der angepasste Teil hält mich zurück und behält es bei mir. Denn irgendwie möchte ja jeder von uns auch gefallen…
Und so ziehtgeht ein Tag ins Landder nicht so anstrengend sein müsste. Ein Tag mit mehreren Stunden, die ich hockend vor dem Laptop und mit Wut im Bauch zubringe. Mal sehen, was ich jetzt noch tun kann, dass ich wieder was Positives finde, denn so möchte ich keinen Tag abschließen. Vielleicht kommt der Vogel heute noch mal angeflogen? Das würde mir auf jeden Fall gefallen. Schauen wir mal… Ich wünsche Euch auf jeden Fall deutlich bessere Laune als meine derzeitige…
Und dann fasse ich mir doch noch ein Herz und schreibe den Herrn im privaten Chat an. Er bedankt sich für mein Feedback und fragt, ob es eine Möglichkeit des Austauschs geben könnte, weshalb ich ihm meine Nummer nenne. Und da sitze ich dumme Nuss nun mit klopfendem Herzen. Warum eigentlich? Ich finde diese Situation extrem unangenehm! Dabei bedankt er sich als erstes ehrlich und aufrichtig, wirkt kein bisschen aufgesetzt. Er sei froh über eine ehrliche Rückmeldung, weil er nur so etwas verändern könne. Schade sei allerdings, dass ich nicht schon vorher etwas gesagt hätte, dann hätte er dafür sorgen können, dass ich mich nicht so lange hätte ärgern müssen. Jo. Stimmt auch. Trotzdem: Ich bin megastolz auf mich selbst, es überhaupt getan zu haben. Das ist auch seine Rückmeldung: Es sei so wichtig, so etwas anzusprechen. Das sei Selbstfürsorge.
Naja, ich hoffe, es bewirkt etwas – bei ihm, damit zukünftige Teilnehmer sich nicht ärgern müssen und bei mir, damit ich weiß, dass keine Welt zusammenbricht, wenn man auch kritische Dinge anspricht. Es kann ja durchaus wertschätzend sein, wie man dies tut. In diesem Sinne: Ich wünsche Euch auch gute Erkenntnisse!
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