Ums kurz zu machen: Der Grashüpfer hat bei mir Hausverbot bekommen. Auf mehrmalige Kontaktaufnahme meinerseits, kam so gar keine Resonanz. Da hab ich ihn rausgeschmissen. Wer sich so quer in den Stall stellt, ist es selber schuld, wenn er rausgeschmissen wird, oder? Wehe, mir widerspricht jetzt einer. Der fliegt dann auch vom Balkon – direkt dem Grashüpfer hinterher.
Ich mag heute Morgen nicht aufstehen, aber es hilft alles nix. Ich muss. Und so schlurfe ich also los. Keiner meiner Kollegen ist im Büro, was sich immer noch eigenartig anfühlt. Wann wird es wohl wieder so etwas wie Normalität geben? Ich denke, so bald wird das nicht der Fall sein. Seit vielen Wochen ist es heute das erste Mal, dass ich wieder mal an einer Teambesprechung teilnehme. Ich weiß wieder, warum ich mir zu dieser Zeit immer so gerne andere Termine reinlegen lasse. „You hold it in your head not out“ par excellence. Da wird meine Geduld wieder über Gebühr strapaziert. Nee, nee, nee, diese Selbstbeweihräucherung bereitet mir schrecklich viel aua. Mein Part liegt bei unter einer Minute. Ich weiß nicht, wie man so Zeit totschlagen kann? Nächste Woche muss ich mir wieder was Alternatives suchen. Denn wenn einer den Blutsturz wegwischen muss, den ich sonst hier bereiten werde, wird das eine fiese Sauerei sein, die ich keinem antun möchte.
Ich hetze wieder durch die Gegend und stecke kurz bei einem Kollegen des Nachbarteams den Kopf durch die Tür. Ich nenne ihn immer Schnucki-Wucki. Das „Wucki“ findet er schwul. Ist es aber gar nicht. Männer! 🙄 ich nenne ihn weiterhin so. Und weil ich Rheinländerin bin, lässt er es mir durchgehen. Er fragt mich, ob ich auch mal ohne Hetzen und Stress könnte? Ich grinse ihn an und schüttel‘ den Kopf. Ich brauche es, einen vollen Kalender zu haben. Andernfalls würde ich mich noch mehr über meine Kollegen aufregen. Und damit ist ja wohl keinem gedient.
Später als geplant, aber dann eben endlich doch, starte ich nach Straubing. Voller Erwartung gehe ich zum Mietwagen, um dann enttäuscht festzustellen, dass es ein kleiner, popliger Toyota ist. Ja, das Luxusgör in mir hätte mehr erwartet. Und das dämliche Ding verfügt noch nicht einmal über ein Navi!!! Ja, gibt’s denn heute so was überhaupt noch??? Ich bin bass erstaunt. Und gereizt. Ich flitze zu meinem Auto und hole meine Handyhalterung raus. Nicht mal die Lüftungsschlitze sind groß genug, um da vernünftig was ans Halten zu bekommen. Und es kommt, wie es kommen muss: Ich nehme prompt die falsche Ausfahrt. Wie oft bin ich die Strecke jetzt schon gefahren? Richtig. Schon oft. Richtung Stuttgart fahre ich nur, wenn es zu meiner Sis geht. Vielleicht war mein Herz da mal wieder lauter als mein Verstand. Wieso hab ich eigentlich von Geburt an so gar keinen Orientierungssinn, dafür aber meine Sis umso mehr davon? Bei 160 km/h fängt die Karre dann auch noch an zu vibrieren! Wenn ich das gewollt hätte, hätte ich mir wohl was bei Eis.de oder Amorelie bestellt. Puh… es ist wohl ein echter Montag. Als ich endlich ankomme, dröhnt mein Schädel. Ich hau mir eine Kopfschmerztablette rein und mich aufs Bett. Später habe ich noch ein Date…
Als ich los muss, ist es schon besser. Ich treffe die liebe Kollegin beim Italiener. Endlich nehmen wir uns die Zeit, noch mal ausgiebig zu klönen. Jeder, mit dem ich spreche, bestätigt meinen Eindruck: Die Zeit ist irgendwie weg. Es steht so vieles still. Beruflich halten viele von uns den Atem an. Aber schaut man auf den Kalender, ist das Jahr schon gefühlt rum. Es ist und bleibt wohl das eigenartigste Jahr aller Zeiten für mich. 1999 ist auch eines, das mir nachhaltig in Erinnerung geblieben ist. Im Januar hatte ich eine fette Blasenentzündung. Im Februar ist mir eine Frau mit 70 Sachen ins Auto gefahren. Im März habe ich meine Mom gefunden, nachdem sie einen Schlaganfall erlitten hat. Danach war nichts mehr so wie früher. Daher ist 99 auch der unangefochtene Spitzenreiter der schlimmsten Jahre. Aber das eigenartigste ist nun das Jahr 2020. Wie wir das wohl im Rückspiegel einmal betrachten werden?
Nina und ich erzählen uns Dönekes von der Arbeit, von früheren Jobs, von früheren Männern. Sie berichtet von ihrem Müsste-man-mal-Chef. Ich erzähle ihr vom Hobby-Mann. Während ihr Chef gerne sagte: „Da müsste man mal dieses oder jenes machen“, hat er andere immer vor den Karren gespannt und dann selbst die Preise abgesahnt. Den Hobby-Mann kenne ich von einem Kollegen. Sein Chef kassiert immer alle guten Ideen und präsentiert sie dann mit: „Do hob i des gmoacht… do hob i des…“ Dauernd spricht er in der ersten Person Singular. Vielleicht hat der Gute aber auch nix anderes in der Schule in Deutsch durchgenommen. Oder er hat bei den anderen Formen eine längere Krankheit gehabt? Man weiß es nicht.
Apropos Deutschunterricht. Auf meine Mail ans Flüchtlingsheim kam innerhalb von zwei Stunden bereits eine Antwort. Aufgrund von Corona ist gerade ein Arbeiten vor Ort nicht möglich. Aber Freitag haben sie eine Besprechung und schlagen meine Idee der Traumatherapie vor. Also: Daumen drücken! Es wäre schon toll, so wirken zu können.
Morgen muss ich zeitig aus dem Bett und ohne Frühstück los. Ganz einfach, weil die Inhaftierten ihre festen Zeiten haben. Ich hab mich gar nicht mehr richtig eingearbeitet, sondern mach mal wieder meine flexible, spontane Show. Hoffentlich fällt das nie auf. Aber dafür sollte ich zumindest einigermaßen ausgeschlafen sein. Daher krabbel ich jetzt mal ins Bettchen und versuche, zu dem herrlichen Regengeräusch Bubu zu machen. Gehabt Euch wohl… oder wie Ihr es mögt. 😉
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