Endlich ist es angenehmer draußen. Und es regnet! Nichts Weltbewegendes, aber ruhig und stet fallen die Tropfen. Das ist mein Wetter, da hebt sich meine Stimmung deutlich. Dazu steht heute wenig auf dem Programm, womit ich besonders gut leben kann. Ab September geht es wieder richtig rund, was mich schon ein bisschen abschreckt. Da genieße ich die Ruhe vor dem Sturm doch sehr. Mehr als ein gutes halbes Jahr werde ich mit Lernen und Terminen voll ausgelastet sein – zusätzlich zur „normalen“ Arbeit.

Nach ausgiebigem, ruhigem Frühstück, dusche ich und stürze mich auch schon ins Getümmel. An heißen Tagen, wie gestern, kann ich einfach nicht einkaufen. Allerdings muss es heute dann doch sein. Aber ich habe Zeit – was man samstags auch immer einplanen muss. Ich habe erst heute Morgen gehört, dass Belgien nun kontrolliert, ob man auch wirklich allein einkaufen geht. Ehrlich? Das würde ich hier schon auch sehr begrüßen. Die ganzen Pärchen, von denen mindestens einer von beiden alles anfassen muss, was das Sortiment so hergibt, nerven mich allmählich schon. Und die Familien – es tut mir ehrlich sehr leid – gehen mir auch auf den Sack. Einkaufen scheint irgendwie der Urlaubsersatz für viele geworden zu sein. Und dann müssen sich die Kinder ja auch alle ausleben. Ich liebe Kinder, keine Frage. Aber diese ich-lasse-mein-Kind-wirklich-alle-Phasen-ausleben-Erziehung? Da schwillt mir der Kamm. Es ist ein Einkauf im Supermarkt, kein Riesenevent!

Bei dem heutigen Regenwetter rechne ich mal mit weniger Samstagseinkäufern als normalerweise üblich, was sich sogar echt einigermaßen im Rahmen hält. Bei Feinkost Albrecht erschreckt mich plötzlich ein hysterischer Lachflash, der mich kurz bangen lässt, mein blanker Hintern ragt irgendwo raus. Ich gehe an einem farbigen Mann vorbei, der nahezu wiehert vor Lachen. Plötzlich hört er damit auf und fängt an, Selbstgespräche in einer mir nicht bekannten Sprache zu führen. Dabei ist er laut und läuft schwankend den Gang entlang. Irgendwie erinnert er mich an diese Schneider, die immer völlig unkalkulierbar durch die Gegend fliegen. Da ist nie eine Flugbahn vorauszusagen. Bei diesem Herrn hier ist es nicht anders. Man erkennt so gar kein System. Mir wird klar, dass er völlig drauf sein muss. Puh! Zugedröhnte Menschen machen mir ja immer etwas Angst. Ich setze meinen Einkauf fort und bemerke, wie andere Leute ähnlich irritiert Abstand nehmen. Schon gruselig, solche Menschen. Und irgendwie auch arme Geschöpfe. Er merkt ja quasi gar nichts mehr. Als ich an der Kasse stehe, ist er drei Stationen hinter mir. Die Kassiererin lässt sich vernehmen: „Wenn Sie schon keinen Abstand halten, ziehen Sie wenigstens die Maske auch über die Nase!“ Und siehe da: Das hat er dann doch verstanden, denn er setzt es sofort um. Die Frau hinter mir schnappt: „Na, hier hält ja gar keiner den Abstand ein!“ Oooh man, solche Situationen mag ich ja. Dem Mann, muss ich gestehen, hätte ich persönlich nichts gesagt. Nachdem schon Bahnbedienstete tätlich angegriffen worden sind, weil sie Menschen zum Maskentragen angehalten haben, hätte ich zu viel Angst, eine zu kassieren. Doch die Kassiererin handhabt dies ganz souverän. Nur die Olle hinter mir hätte besser mal die Schnüss gehalten. Ich bin jedenfalls froh, ohne weitere Zwischenfälle raus zu sein. Es herrscht eine eigenartige Stimmung, oder?

Auf dem Rückweg höre ich ein Lied von The Police im Radio und muss schmunzeln. Ich war 16, er hieß Micha. Ja, ich weiß, so heißt er auch heute noch. Nur heute ist er verheiratet und hat Frau, zwei Kinder und ein Häuschen. Er ist eben nicht mehr mein Micha. Daran hat vor 27 Jahren keiner von uns gedacht. Es ist der Song „Every little thing she does is magic“. Und irgendwie war es das für ihn auch so. Er fand alles toll – was mich wohl erdrückt hat. Ich hab schon immer mehr Herausforderungen bevorzugt und konnte noch nie etwas damit anfangen, wenn mich jemand angebetet hat. Tja, es stimmt schon, dass manche von uns Frauen eher von den Sausäcken fasziniert sind. Aber das ist es nicht einmal. Ich hab mir immer einen gewünscht, mit dem ich lachen, aber auch streiten kann. Beides ist für mich unerlässlich. Ja ja ja, niemand hat behauptet, es sei einfach mit mir.

Ach ja, es gibt so viele Lieder, die für mich mit Menschen oder Ereignissen fest verknüpft sind. Mit The Police sind es ausschließlich gute Erinnerungen. Oooh man, war das unbeschwert… wobei sich das damals nicht so angefühlt hat. Nur wieso läuft das Leben dann so unterschiedlich ab? Meine Sis ist mit 16 Jahren mit ihrem heutigen Mann zusammengekommen. Erst heute hat sie mir mitgeteilt, dass er ihr bester Freund sei. Ist das nach 30 Jahren nicht das Beste, was einem passieren kann? War für mich wohl nicht so bestimmt… Dafür habe ich anderes erlebt, was ich nicht missen möchte. Na, da ist es wohl ok, wenn ich dann hin und wieder in Erinnerungen schwelge, oder? Es hat schon alles so sein sollen, wie es gekommen ist. Und bestimmt gibt es auch noch einiges zu entdecken. Da lasse ich mich einfach mal überraschen. Wird schon schief gehen.

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