Es gibt so Tage, die sind komisch, ohne dass es einen Grund dafür zu geben scheint. So fühle ich mich heute. Warum das so ist? Ich weiß es echt nicht. Die Nacht war schon unruhig. Und so bin ich dann gerädert aufgestanden. Tja, bleed (bayerisch, nicht englisch ausgesprochen). Am Tor begrüßt mich dann aber immerhin mein Lieblings-Wärter. Man habe ihm nicht Bescheid gegeben, dass ich diese Woche da sei. Andernfalls hätte er nie gestern frei genommen. Mei, ist das nicht süß?! Die ersten Tropfen fallen, und ich schaue hoch zum Himmel. Natürlich habe ich den Schirm im Auto gelassen. Da sagt der Gute zu mir: „Sollst der Not a koan Schwung net geb’m.“ Schawatt, bitte schön??? Maske plus Dialekt plus Nuscheln? Da bin ich dann vollkommen aufgeschmissen. Später lass ich mich von meinen eingeborenen Kollegen informieren. Wenn man beispielsweise noch was isst, obwohl man keinen Hunger mehr hat, dann bringt man den Spruch gerne. Die Not wäre dann der eventuell später auftretende Hunger. Äääääh… is klar, oder? Und dieser Not (=Hunger in dem Beispiel) muss man Vorschub leisten. Zefix, aus dem Volk hier soll mal einer schlau werden! Aber, wie sagt mein einer Waidler Kollege heute so schön: „Des klingt fei fost scho rund, Dei Bayrisch.“ Du mich auch. 😂
Heute sitzen 14 Leute in meiner Schulung, die an sich schon recht anstrengend ist. Bei strukturierter Problemlösung ist es aber auch noch so, dass viele Köche den Brei eindeutig verderben. Aber ich muss mit dem leben, was man mir kredenzt. Und so strengen wir uns auch redlich an. Die Mischung besteht aus Interessierten, Engagierten, Substituierten (ääääh, also hirnmäßig betrachteter Nulllinie) und dem wohl merkwürdigsten Geschöpf der JVA. Er hat irgendwie was von Golum – besser kann ich das nicht beschreiben. Er hat seine eigene krude Welt und Logik, die niemand außerhalb seines Universums verstehen kann – noch will. Müsste ich eine Diagnose stellen, würde diese eindeutig Persönlichkeitsstörung lauten – massive Ausprägung. Zwischendurch erwähnt er seine Mutter, die ihn zu einem höflichen Menschen erzogen habe (er ist ca. 60 Jahre alt), woraufhin ich noch grinsend nachfrage, warum diese Erziehung denn nicht funktioniert hätte? Da muss selbst er lachen. Jeden zweiten Kollegen bezeichnet er als Penner oder Idioten. Und wenn man seine Akte liest, lässt einem das das Blut in den Adern gefrieren. Ihr seht schon: Die Kombi ist echt nicht ohne. Der Tag verfliegt, aber er zehrt an meiner Energie. 14 zum Teil diskutierfreudige (weil sie es endlich mal wieder dürfen) Inhaftierte genießen die Aufmerksamkeit, nennen mich Teil ihres Teams und fordern mich heute ganz besonders. Irgendwann sagt einer: „Ich beneide Sie gerade echt nicht um Ihren Job.“ Ich mich gerade auch nicht. Und zum Schluss bedankt sich einer für meine außerordentliche Geduld. Und ja, das freut mich, aber hat mich auch echt was gekostet.
Das merke ich dann auch beim Treffen heute Abend auf eine Pizza mit meiner Lieblings-Kollegin hier in Straubing. Ich habe Wortfindungsstörungen und Schwierigkeiten, mich zu konzertieren. Es sind die vielen kleinen Dinge, die mich gerade überrollen und überfordern. Jedes für sich keine große Sache, in Summe aber eine erschlagende Welle. Diese emotionalen Wechselbäder erschöpfen mich so sehr, dass ich glaube, ich werde von Freitagmittag bis Samstagmittag durchschlafen. Mal schauen… ich gehe einfach jetzt schlafen und hoffe, morgen wieder energiegeladener aufzustehen. Drückt mir die Daumen.
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