Wie soll ich starten? Ich bin genervt. Aber so richtig!!! Ehrlich, ich kann die Bahn einfach nicht verstehen. Es gibt extra eine App für den MVV. Die habe ich auch brav auf meinem Handy installiert. Und so schaue ich gestern Abend nach, wobei mir angezeigt wird, alle S-Bahnen seien pünktlich. Fein. Ich buche also meine Fahrten und stapfe rüber. An der S-Bahn Haltestelle angekommen, vernehme ich dann die Durchsage, die S-Bahn falle aus. „Wir bitten um Entschuldigung.“ Keine Erklärung, keine weitere Info, keine Alternativen. Einfach schnöde eine Ansage, dass da was ausfällt. In solchen Momenten möchte ich der Bahn auf den Vorstandstisch sch***. Grummelig denke ich, wie gut es wieder einmal war, mit ausreichend Puffer losgegangen zu sein. Die nächste Bahn kann mich zwar nicht mehr ganz so pünktlich transportieren, aber immerhin käme ich noch im akademischen Viertel zur Verabredung. Und dann höre ich die nächste Durchsage nach weiteren zehn Minuten, dass die S-Bahn in die andere Richtung auch ersatzlos gestrichen sei. Auch hier bittet man um Entschuldigung. Da stutze ich dann. Als ein junger Studi am Bahnsteig ankommt und ein Ticket lösen will, mache ich ihn auf den Ausfall aufmerksam. Er schaut nach, und sagt, die Bahn komme nach Plan. Jepp…hat meine App auch gesagt. Dann schaut er bei der DB-App nach. Und da steht´s dann doch: Die Bahn fällt aus. Ich frage mich echt, wie kundenorientiert die Bahn doch ist…und dass sie sich das immer noch leisten kann?! Dann frage ich den Kleinen, ob er nachschauen könne, ob dann die nächste Bahn von mir auch ausfalle? Tut er. Und was sagt die DB-App? Jepp, die fällt auch aus. Meine Halsschlagader pocht. Können die Arschgeigen dann nicht durchsagen, dass es ein Problem XY gibt und die nächsten Züge nicht fahren werden? Muss man als Kunde der verkackten Deutschen Bahn einfach demütig am Bahnsteig ausharren? Ich habe noch ihre Werbung von vor ein paar Jahren im Ohr: „Mit den Besten ist man am strengsten.“ Vollpfosten!
Ich bin also so weit, alles zu canceln. Meine Laune liegt unter dem Gefrierpunkt. Da will ich einmal abends nach München reinfahren, und dann das. Ich sage per What´s App ab. Und sofort schreiben beide Ladies, sie würden mich mit dem Auto abholen, was ziemlich sinnfrei ist. Mit dem Auto könnte ich auch fahren, nur muss ich nach Schwabing, wo eh schon eine angespannte Parkplatzsituation herrscht – und zu allem Überfluss wird dort gerade noch an einer großen Baustelle gearbeitet, was noch weniger Parkplätze bedeutet. Und das an einem Freitagabend. Passt doch hervorragend. Ich blocke ab, woraufhin ich Worte geschrieben bekomme, wie „Sturkopf“ oder „Dickschädel“. Als sei das was Neues! Ich habe echt keinen Nerv mehr. Um des lieben Friedens Willen gebe ich irgendwann nach – wobei ich wirklich absolut gar keine Lust habe.
Und so werde ich dann eingesammelt. Wir fahren zur U-Bahn Station, von wo aus wir dann zur Münchner Freiheit düsen. Alles verzögert sich, und ich denke noch an die Mitteilung, die Thomas Gottschalk immer bei „Wetten dass“ mit sich brachte: „Die nachfolgenden Sendungen verzögern sich um wenige Minuten…“ Nur – ähnlich wie damals bei Gottschalk – sind es dann nicht nur wenige Minuten, sondern insgesamt ca. eine Stunde. Ich reiße mich auch zusammen, ein freundliches Gesicht zu zeigen und beruhige mich allmählich wieder. Der Herr des Hauses hat ein Pilzrisotto gekocht, was wirklich richtig gut schmeckt – wenn auch erst noch eine Stunde später kredenzt wird. Wir reden also mittlerweile von 21:30 Uhr. Beim perfekten Dinner gäbe das Abzüge in der Bewertung.
Irgendwann erinnern wir uns dann allerdings unseres eigentlichen Zwecks: Wir wollten gemeinsam etwas spielen. Und so spielen wir dann Anno Domini in der Frauen Edition. Ich bin geschichtlich nun nicht sehr bewandert, aber hier werden so viele bekloppte Dinge aufgeführt, dass einem Geschichtswissen nicht wirklich viel nutzt. Spätestens, als eine der Damen die Karte vorliest: „Vicky Leandros singt `Theo, wir fahr´n nach Lodz“ und nur mit den Schultern zuckt und ergänzt: „Ich kenne das Lied nicht, geschweige denn diese Vicky!“, merke ich wieder einmal, wie alt ich bin. Die vier am Tisch sind alle im Schnitt zehn Jahre jünger. Also lasse ich es mir nicht nehmen, meine Karte mit dem Vermerk zu legen: „Aaaah, da erinner´ ich mich noch genau dran, als das damals im Fernsehen kam.“ Ist natürlich völliger Blödsinn, wirkt aber kompetent, weshalb bei mir selten jemand etwas anzweifelt. Das macht Spaß. Noch viel mehr Spaß macht allerdings die Reaktion des italienischen Freundes meiner Kollegin. Immer, wenn sie etwas bei ihm anzweifelt, fängt er an, auf italienisch zu fluchen, was sich einfach zu süß anhört. Ich glaube, er könnte eine Bedienungsanleitung von einer Klodeckelmontage vorlesen – wir würden immer noch dahinschmelzen. Aber auch er hält die Vorurteile hübsch hoch und schimpft sie aus: „Typischä Deutschä…imma spieläään Policia!“ Einfach köstlich. Dazu lerne ich dann einen mir völlig fremden Begriff: „Sechserbremse“. Was das ist? Die schlechteste Schulnote ist bei uns ja bekanntlicherweise die sechs. Nun gab es in den Klausuren meist eine Frage, die so kicki war, dass sie wirklich jeder Depp hätte beantworten können. Und diese Frage nennen sie die „Sechserbremse“. Auf das Spiel bezogen heißt das, es gibt manche Karten, da weiß man eindeutig, wann dieses Ereignis stattgefunden haben muss. Komisch, ich habe früher nie solche Arbeiten gehabt, in denen eine Sechserbremse eingebaut wurde. Immerhin habe ich in meiner Laufbahn schon zwei Mal eine sechs zurückbekommen. Ich konnte das immer wieder ausbügeln, aber die Note „ungenügend“ hat eben unter der Klausur geprangt – sehr zum Leidwesen meiner Mom. Tja, man kann nicht alles haben…
Bevor das Spiel wirklich beendet werden kann, müssen wir aber auch schon wieder aufbrechen. Die Bahnen fahren ja nicht die ganze Nacht hindurch. Und bis morgen früh um vier Uhr will dann keiner hierbleiben. Wir packen zusammen und trotten zu dritt Richtung U-Bahn-Station – wo sich unsere Wege dann trennen werden. Unterwegs bin ich echt überrascht, wie viel doch noch los ist. In einer Shishabar sitzt alles dicht an dicht. Nee, so wirklich verstanden haben das viele noch nicht, wie man Abstand hält. Aber gut, ich gehe im Stechschritt dran vorbei. Ist ja nicht mein Zirkus.
Die U-Bahn fährt nun leider nicht den Marienplatz an (was sie normalerweise täte), denn es gibt wohl wieder Bauarbeiten oder sonst was. Macht völligen Sinn, so freitagnachts. Es ist zum Mäusemelken. Ich muss also zunächst die erste U-Bahn nehmen und zwei Stationen fahren. Dann muss ich in eine andere U-Bahn steigen, um zum Hauptbahnhof zu gelangen. Alles umständlich. Und darin sitzen – wie könnte es anders sein? – auch ein paar Vollidioten, die stramm wie ´ne Haubitze sind. Aus solchen Gründen trinke ich mal so gar nichts außerhalb, weil ich alle meine Sinne benötige, um diesen Schwachmaten auszuweichen. Masken werden auch – vermutlich aus modischen Zwecken – nur bis unter die Nase gezogen. Dann könnten sie sie auch ganz weglassen. Aber wer will schon einen vollgesoffenen Typen, der rumgrölt und pöbelt, auf so einen Fauxpas aufmerksam machen? Eben, ich hänge auch an meinem Leben. Und auch, wenn ich nicht mehr so jung bin und Falten werfe, möchte ich kein neues Gesicht aufgrund von Trümmerbrüchen in selbigem. Man merkt allen drumherum an, wie unwohl sie sich fühlen. Und niemand sagt was, aus Angst, direkt eine aufs Maul zu bekommen. Ich frage mich, wo wir gelandet sind, wenn es schon so weit gekommen ist? Die Innenstädte von Großstädten werden immer unattraktiver. Nicht nur, weil die Bahnen sehr schlecht fahren. Nein, vor allem das Gewaltpotential, das sich hier regelmäßig entlädt, vergellt es mir völlig, abends noch in die Stadt fahren zu wollen. Und nein, das liegt nicht daran, dass ich alt geworden bin. Das Unwohlsein erkenne ich bei Jung und Alt – quer durch die Bank.
Am Hauptbahnhof angelangt, bringe ich möglichst schnell möglichst viel Abstand zwischen mich und die Stockbesoffenen. Ich pese quer durch den Hauptbahnhof, um zur S-Bahn zu gelangen. Entspannt lese ich, dass ich noch zwöf Minuten Zeit habe. Da ich zwar keinen Alkohol, aber dafür reichlich Wasser getrunken habe, will selbiges dann doch mal raus. Ich steuere die Sanitäranlagen an, die ja nur einen Euro (was ein Schnapper) kosten. Aber hey, da hängt ein Schild: „Wegen Corona geänderte Öffnungszeiten von 5 bis 22 Uhr.“ Was hat das mit Corona zu tun? Am Münchner Hauptbahnhof! Ich versteh´ es einfach nicht. Vielleicht hilft mir jemand, meine selten dämliche Wissenslücke zu schließen? Was soll man denn tun? Einfach Hose runter und auf den Boden pinkeln? Ehrlich, das erschließt sich mir mal wieder nicht. Aber gut, dann kneife ich mal zusammen, was zusammenzukneifen ist und denke nicht an Flüsse, das Meer und sein Rauschen oder Wasserhähne.
Es ist mittlerweile bereits halb zwei, und ich kann nicht bis zur letzten Station fahren, sondern muss eher aussteigen. Busse fahren ohnehin nicht mehr. Man zahlt in den Außenbereichen mehr Miete, weil es eine S-Bahn-Anbindung gibt, die regelmäßig ausfällt und in der Nacht mehr als bescheiden ist. Ich liebe es! Mir bleibt nichts anderes übrig, als ein Taxi zu nehmen. Der Fußweg führt an den Gleisen entlang, die tagsüber schon nicht so anheimelnd sind. Nachts ist mir mein Leben aber auch noch was wert. Der Taxifahrer freut sich, was ich sehen kann, weil er – im Gegensatz zu mir – keine Maske trägt.
Der ganze Spaß kostet mich also nicht nur einiges, sondern bringt mich in gleich mehrere Situationen, in denen ich mich nicht wohl gefühlt habe. Und ich bin weder geizig, noch überängstlich. So macht das echt keinen Spaß mehr.
Mein Fazit: Ich mag Spieleabende. Aber ich mag nicht mehr mit S- oder U-Bahnen fahren. Die Bahn ist einfach ein schlecht organisiertes Unternehmen, das auch noch viel Geld kostet. Und nein, ich meine nicht die armen Schaffener und Kontrolleure. Ich meine das Gesocks, das in den Vorstandsetagen sitzt, sich Bonis zuschustert und „mimimimi“ macht, wenn es kritisiert wird. Den Samstag verbringe ich enstprechend meines Alters nach so einer langen Nacht im völligen Gammelmodus. Ich vermute, ich ziehe irgendwann doch noch aufs Land…wer hätte das gedacht?
Hallo schon wieder!
Man, das nenne ich mal einen chaotischen Freitagabend!
Ich frage mich immer, warum man nicht gemeinschaftlich solche Rüpel rüffelt. Wenn so viele in der Situation denken, dass das Verhalten unangebracht ist, dann muss man doch gemeinsam den Mund aufmachen können. Am Ende geht dann doch wieder jeder seinen eigenen Weg und kämpft sich allein durch. Schon komisch wie sich unsere Gesellschaft so entwickelt. Da wundert es mich nicht, dass die Hemmschwelle sinkt und die Ängste größer werden.
Puh … und die öffentlichen Verkehrsmittel – ja, also … hatte mal eine Durchsage, dass die S-Bahn ausfiele aufgrund personeller Gründe. Da hab ich mich gefragt, warum man das so kurz vor knapp erst checkt und nicht umplanen kann. Muss dann ja so etwas wie ein: ‚Uuups, ich habe ich ein Klonotfall‘ gewesen sein. Da weiß man dann nicht, ob man Mitleid für die Mitarbeiter (auch die, die das auffangen müssen) oder sich selbst haben soll. Am Ende fahren da auch nur Menschen wie du und ich die Dinger und haben wie du und ich ein paar holprige Tage im Leben. 🙂
Manchmal hilft die Perspektive?!
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Du hast recht – mit beiden Sachen. Aber bei den Rüpeln waren gleich mehrere davon unterwegs. Die schlagen recht schnell zu und haben gefühlt gar keine keine Hemmschwelle mehr. 🤷♀️ und da ist mir mein Leben doch genug wert, darauf aufzupassen.
Und zur S-Bahn: in München hörst Du ständig, dass es Stellwerkprobleme am Ostbahnhof gibt. Da geht es also nicht um Menschen, die krankheitsbedingt ausfallen.
Aber ja, durchaus, etwas mehr Geduld und Verständnis wären meinerseits schon ganz gut. Ich versuch’s weiterhin. 😉 nur manchmal mag ich mich auch aufregen. 😋
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Und ich kann das total verstehen. Es ist irgendwie menschlich, wenn man sich auf etwas freut und einem Steine in den Weg gelegt werden, dass man dann einfach enttäuscht und sauer ist.
Hm … ich bin einfach zu wenig in der Öffentlichkeit – ich kriege das mit der nicht vorhandenen Hemmschwelle nicht mit. Wir haben eben auch Kinder. Da bewegt man sich zu anderen Uhrzeiten und in anderen Kreisen/Gegenden. Liegt vllt auch daran.
Deine Eindrücke klingen allerdings nicht wirklich danach, als wollte ich mir ein Bild von der Situation verschaffen wollen 😀
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Ach, es gibt durchaus auch nette Menschen da draußen. Nur eben auch Deppen. Es gilt einfach, die Augen aufzumachen, die guten Sachen zu sehen und die schlechten zu umschiffen. Und da gibt es Tage, da gelingt mir das perfekt…und Tage, da….äääh, eben nicht. 🙂 Mei, so isses eben, gell?
Ich wünsche Dir viel Spaß mit Deinen Kindern. Kinder sind was Tolles. Und von denen können wir eine Menge lernen.
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