Was lange währt, wird endlich Biden. Man, man, man, die schwere Geburt hat sich also gelohnt. Wobei – und ich glaube, da sind wir uns alle einig – es noch spannend wird, wie der Gelbhaarige das Weiße Haus verlassen wird: Auf seinen eigenen Füßen oder auf einer Liege, sediert, wie ein Ochse. Ich hätte da so eine Präferenz, aber mich fragt ja keiner. Ist, wie mit dem Porsche. Die haben sich alle verschworen. Genauso, wie die Technik. Wir warten jetzt seit zwölf Minuten, dass es endlich online losgeht. Aber – um es mal gebildet auszudrücken – rien ne va plus. Da geht echt gar nichts mehr. Da der „Züscho“ aber auch nicht weiterkommt, schreiben wir kurz per Mail, bevor er mir seine Handynummer gibt. Jezt kann ich mit ihm appen. Hossa! Hebt mich das jetzt in einen anderen Stand? Ich weiß es nicht. Nach immerhin 20 Minuten können wir uns dann aber zumindest endlich einwählen.
Der Anfang – wenn auch holprig – gestaltet sich heute noch gut. Ich mag die humorvolle Haltung der Psychologin in Bezug auf die Patienten: „Es ist wie eine Serie mit Fortsetzungsfolgen – man darf an vielen Seifenopern teilnehmen. Und das über eine sehr lange Zeit. Da ist es schon traurig, wenn das irgendwann zuende ist. Ich würde ja schon gerne noch wissen, wie die Ehe ausgegangen ist…oder der Jobwechsel oder dergleichen.“ Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Man begleitet manche Menschen durch schwierige Phasen des Lebens und weiß später nie, was aus ihnen geworden ist. Das fand ich auch traurig, als ich vom Eingliederungsbereich der Psychiatrie weggegangen bin. Bei meiner Trainer-Tätigkeit bleiben mir auch manche mehr, manche weniger in Erinnerung. Nach ein oder zwei Wochen Schulung, sind manche schon auch interessant für mich, dass ich gerne wüsste, wie sie sich weiterentwickeln. So geht mir das eindeutig mit den „Jungs“ im Knast auch. Da wüsste ich gerne, wie sich ihr weiteres Leben gestaltet. Und dann denke ich auch wieder, vielleicht ist es auch eine Gnade, es nicht zu wissen…denn es tun sich eben auch überall mal Abgründe auf. Es hat wohl sein Für und Wider in allen Bereichen.
Und manchmal breche ich dann innerlich zusammen und verstehe die Welt mal wieder nicht. Einfache Worte, wie „Perspektivübernahme“, sind für mich im Fortbildungszusammenhang zur Psychotherapeutin Alltagsbegriffe. Und da scheitern dann die anderen Teilnehmer daran! Keiner weiß was, dazu zu sagen. Hammer!!! Da muss man ja noch nicht mal Spezialist sein. Ich bin fast geneigt, ihnen mangelnde Perspektivübernahme zu attestieren, wenn sie das schon nicht herleiten können.
Spätestens ab Mittag bin ich dann völlig genervt, weil mir die Schwarz-Weiß-Sicht auf den Zeiger geht. Die Dozentin ist qualitativ gut, aber mittlerweile wieder sehr dogmatisch unterwegs. Sie überzeichnet die zwei Hauptausprägungen – Verhaltenstherapie und Psychoanalyse – maßlos und lässt da leider auch kein Augenzwinkern erkennen. Ich mag nichts, was dogmatisch ist. Stimmt nicht, können jetzt einige entgegenhalten. Ich habe ja auch eine klare Haltung zu Rassismus und Verschwörungstheorien. Aber ich sehe da schon einen Unterschied. In therapeutischer Sicht halte ich es für mich so: Alles, was dem Menschen hilft, ist für mich in Ordnung. Ich würde für mich jetzt keinen Schamanismus anbieten. Aber wenn es jemandem hilft, ist selbst das ok für mich. Es gibt Momente, da ist digitale Haltung (ja oder nein, schwarz oder weiß) für mich sinnvoll und/oder nachvollziehbar. In meiner therapeutischen Haltung Menschen gegenüber, finde ich es hingegen ignorant und schade. Doch…da darf gerne jeder seine eigene Meinung zu haben.
Irgendwie bringen wir die heutigen Schulung dann dennoch über die Bühne. Bei einem Fallbeispiel bin ich überrascht, wie viele der Teilnehmer den geschilderten Patienten zunächst innerlich ablehnen, wo ich ihn dann eher als spannend sehe. Als dann seine Kindheit erklärt wird, sind manche sehr geschockt und aufgewühlt, was mich noch fassungsloser hinterlässt. Es gibt weitaus schlimmere Schicksale, die leider Realität sind. Wenn das hier schon überfordernd wirkt, dann verstehe ich die Naivität mancher nicht, die sich hier angemeldet haben. Wenn ich über „meine Freundin ist doof, weil sie die Zahnpastatube nicht ordnungsgemäß verschließt“ reden will, dann entscheide ich mich doch nicht für diesen Bereich, oder?! Keine Ahnung. Ich komme immer mehr zu dem Schluss, dass ich wohl anders bin – sei es hier oder auch bisweilen (immer häufiger) in meinem Beruf. Ob das gut ist oder nicht, weiß ich nicht. Es hinterlässt in mir nur die Befürchtung, dass ich wohl häufig zu viel will oder erwarte. Und das gefällt mir natürlich nicht. Ach, der liebe, gute, alte Idealismus…er bringt mich irgendwann einmal zu Fall.
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