Buute schinnt et Sönnsche, dazu ist es knackig kalt. So mag ich das ja. Herrlich. Es ist Wetter zum Heldenzeugen, wenn man denn dazu aufgelegt ist und das biologisch richtige Alter hat. Wenn nicht, kann man natürlich auch alles erdenklich andere machen. Jeder, wie er/sie mag. Um halb zehn geht meint Handy. Aaaah, Herr Leckebusch ruft an. Mittlerweile weiß ich, dass seine Frau samstags vormittags ihre Besorgungen erledigt. Da hat der Gute also sturmfrei und wohl ein wenig Langeweile. Na, mir passt´s, weil ich ich ja weiß, wie gut gelaunt ich nach solchen Telefonaten immer auflege.
Und so kommt´s dann auch wieder, dass er mir alte Dönekes erzählt. Ich weiß nicht, wie es Euch so geht, aber ich höre so gerne Geschichten von früher. Diese kenne ich auch noch nicht und spielt 1955. Die Schwester eines Kumpels war wohl ein heißer Feger, oder wie Herr Leckebusch sagt: „Da war ich hinterher wie Max hinter de Graupen.“ Zu doof nur, dass er zwei Jahre jünger ist als sie. Das hält so einen echten Kerl ja aber nicht ab. Und so begab es sich, dass die Angebetete mit ihrem Problem zu ihm kommt.0 Sie habe mal wieder die Schule früher verlassen, um zu ihrem Freund zu gelangen, der draußen mit seinem Auto auf sie wartete. Jetzt sei die Lehrerin aber mal so richtig auf Krawall gebürstet und fordere, ihr Vater solle sie mal anrufen. Da Herr Leckebusch – bis heute – eine donnernde, tiefe Stimme besitze, könne er ja den Vater mimen. Ganz der clevere Geschäftsmann schon damals, fragt er also: „Un watt krich ich denn dafür?“ Sie will ihn erstmal vertrösten und sagt: „Ja, darüber sprechen wir später.“ Aber nicht mit Herrn Leckebusch: „Nee, nee, wie denn jetz: Ja oder doch? Du gehst mit mir ins Kino.“ Die Holde lässt sich also darauf ein. Er legt noch nach: „Ich hab ihr dann schon gedroht, wenn se nich mit mir ins Kino geht, erzähl ich datt der ganzen Straße!“ Sie verspricht, Wort zu halten. Und so legt Herr Leckebusch seine bühnenreife Show hin, die die Lehrerin anstandslos akzeptiert. Das ernüchternde Resümee nach dem anschließenden Kinoabend: „Trotzdem hat se mich nich gewollt. Erst 20 Jahre später. Un da hat et auch nich lang gedauert. Hat einfach nich gepasst. Aber datt weißte mit 16 ja noch nich. Da fand ich die Paula einfach nur toll.“ Unbezahlbar, oder? Ich liebe solche Geschichten. Und immerhin hat er ja diesen einen Abend mit ihr gehabt. Erinnert gerade an Casablanca: „Und bleibt immer noch Paris.“ Vermutlich kennt das mal wieder kaum einer außer mir…man, bin ich alt und fernsehversaut.
Doch Herr Leckebusch schwelgt nicht nur in Erinnerungen. Auch aktuelle Themen kommen zur Sprache: „DHL, datt sinn auch so Tünnemänner. Die klingeln immer zwischen 13 un 15 Uhr, wenn ich grad die Äuglein schone. Da hab ich die mal gefracht, warum die da immer kommen? Da sacht der: ‚Weil da die Rentner immer Zuhause sinn.‘ Hab ich geantwortet: ‚Juut, datt ich datt weiß, da stell ich die Klingel zukünftig in der Zeit immer ab.´ Da fraacht der Zwiebelfischer doch echt noch: `Wofür datt denn?` Sach´ ich: `Weil ich da de Äuglein schone, Du Schönne! Klingeln Se doch unten rechts. Die sind 30 Jahre jünger, und da is immer einer da, weil die zwei Köter haben, die nich allein bleiben können.‘ Datt macht der jetz auch immer. Jetz spricht die da unten mich an, datt DHL immer bei ihr klingeln würde. Da sach ich: ‚Ja, der will Dich eben immer wiedersehen.‘ Watt glauben Se, wie die sich da freut! Ich mein, die Elke ist zwar keine Schönheitskönigin, aber wer hört datt nich gern? Un se weiß wohl auch nich, wie se wirklich aussieht.“ Bei so was könnte ich mich wegschmeißen. Einfach köstlich!
Und trotzdem gibt es auch traurige Momente, weil ich weiß, dass er nicht mit der Liebe seines Lebens zusammen ist. Er versteht sich mit seiner dritten Ehefrau durchaus sehr gut. Aber die Liebe seines Lebens, das war eine andere Frau. Eine, die leider das Trinken nicht aufgeben konnte. Und selbst jetzt, 30 Jahre später, merkt man ihm den Schmerz noch an. Sie ist sein größter Verlust. Ich darf ihm das auch auf den Kopf zusagen. Er bestätigt dann nur: „Ach Mädchen, Sie haben einfach hellseherische Fähigkeiten. Manchmal soll et einfach nich sein, ne?“ Stimmt. Trotzdem traurig, oder?
Irgendwann wird es Zeit, mir was zu kochen. Kennt Ihr das, wenn Ihr irgendwie Resteverwertung betreiben wollt? Das kann richtig, richtig gut werden. Oder eben nicht. Heute wird es „oder eben nicht“. Aus Frust darüber mache ich mir anschließend noch ein Apfel-Birnen-Mus, an dem ich mir zunächst kurz die Schnüss verbrenne, es dann aber in Ruhe genießen kann. Ach ja, dazu geht dann gemächlich die Sonne unter. Wenn das nicht mal ein schöner, gemütlicher Samstag war. Es braucht gar keine spektakulären Aktionen, sondern für mich einfach nur gute Gespräche, um meine Akkus aufzuladen. Das genieße ich schon sehr.
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