Gestern Abend begehe ich einen folgenschweren Fehler: Ich telefoniere mit meiner Sis. Die Tatsache an sich, ist natürlich kein Fehler. Doch blöderweise fragt sie mich nach meiner Prüfung. Wann ich die denn jetzt machen würde? Naja, ich habe ja noch bis Freitag Zeit. Und in solchen Angelegenheiten wende ich ja schon gerne die Schieberitis an. Um 2:39 Uhr werde ich dann allerdings wach, weil ich von der Prüfung geträumt habe. Und dann kreist das Thema in meinem Kopf herum. Bei Arztbesuchen bin ich ja anders: Das wird durchgezogen und fertig. Oh man. Hierbei kann ich das echt schlecht.
Eigentlich arbeite ich heute ja nur drei Stunden, wobei das Lernen zum Arbeitsbereich zählt. Ist ja immerhin auch für dieselbe. Uneigentlich setze ich mich dann aber morgens schon hin und lese noch das Handbuch bis zum Schluss durch. Gut, die Empfehlung lautete: Drei Mal das Handbuch auf Englisch durchlesen, das Assessment machen, bis man locker die 100 % schafft, dann die Prüfung ablegen. Ich habe das Handbuch an drei Tagen in Etappen gelesen – aber in Summe nur einmal. Das Assessment gehe ich sechs Mal durch, wobei ich drei Mal hintereinander 100 % erreiche. Ja klar bei variierenden Fragen, Ihr Eierköppe! Da ich ja immer verkannt werde (alle Welt denkt, ich sei immer sehr akribisch in der Vorbereitung), verkenne ich mich einfach auch mal. Und so starte ich die Prüfung. 80 Fragen müssen in 60 Minuten beantwortet werden. Bei etlichen Fragen verstehe ich den Inhalt aufgrund fehlender Vokabeln nicht mal. Läuft ja prima. Währenddessen klingeln gleich zwei Paketzusteller bei mir, die für morgen angesagt waren. Macht ja nix. Ich sitze auf heißen Kohlen mit klopfendem Herzen hier und könnte verzweifeln. Nur bringt mir das ja auch nichts.
Ums kurz zu machen: Ich erreiche 80 Prozent. Klingt ja ganz gut, aber es braucht hierbei in der Tat 85 Prozent, um dann auch zu bestehen. Tja, knapp daneben, ist auch vorbei. Was das jetzt aussagt? Na, es war der Freischuss, den ich ja hatte. Das heißt, das nächste Mal muss sitzen. Ich bin nicht in Tränen aufgelöst oder völlig fertig, sondern eher genervt, denn nun muss ich das Handbuch wohl doch noch zwei Mal lesen. Ist das ein Mistkack. Auf so was habe ich so gar keine Lust.
Und – als ob das nicht genug sei, sitze ich auch noch anschließend stundenlang am Arbeitsrechner, bevor ich dann am Abend noch eine Schulung zu „psychotropen Substanzen und Sucht“ vor mir habe. Yeah, das motiviert ungemein – zumal ich in einem Alkoholtypen ganz klar meinen Exfreund identifiziere. Schon erschreckend, wie manche Menschen sich betäuben, um mit ihrem Leben klarzukommen und es damit noch mehr zerstören. Doch die Wut ist schon vor Jahren einem Bedauern gewichen. Er tut mir – wie so viele andere Alkohol-Abhängige – einfach nur leid. So was ist kein schönes Leben.
Dagegen nimmt sich meine Prüfungs-Wiederholung nahezu lächerlich aus. Und wollen wir mal die Kirche im Dorf lassen: Ich muss echt feststellen, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Prüfung nicht beim ersten Anlauf geschafft habe. Ich werde nächsten Monat immerhin 44 Jahre alt. Die Erfahrung darf ich mir also durchaus auch mal gestatten. Interessanterweise nehme ich es echt mit einer gehörigen Portion Humor. Und ich habe auch schon einen Plan B im Köcher (so was brauche ich ja immer). Sollte ich noch mal verkacken, mache ich die Prüfung bei einem anderen Anbieter, wo es diese auf deutsch gibt. Es gibt also wesentlich Schlimmeres als eine vergeigte Prüfung, die im Preis schon vorausschauend inbegriffen war. Das einzig Doofe: Die nächsten Tage werde ich nun mit Lernen verbringen müssen, weil ich spätestens Sonntag die Prüfung abschließen will. Ich mache mir doch nicht noch meinen Rheinland-Urlaub mit so einem Driss kaputt. Nöööö.
Heute lerne ich, warum ich nicht in die Hölle kommen kann: Angeblich unterhalte ich die Leute hier ganz gut – also zumindest ein paar von Euch. Na, ob Gott das wohl auch so sieht? Ich bin mir da nicht so sicher. Und ob ich in den Himmel will, weiß ich auch nicht. So eine weiche, flauschige Wolke hat ja was. Aber was ist denn da oben groß los? Gut, wenn ich da wäre, könnte sich das ja eventuell ändern. Doch will ich mich darauf verlassen? Immerhin hat da auch ein Kerl das Sagen, und ich arbeite definitiv schon zu lange in sogenannten Männer-Domänen. Wie sagte vorhin eine Kollegin in einem Skypecall: „Die haben doch jetzt festgelegt, dass es eine Frauenquote in der Vorstandsetage von DAX-Unternehmen geben muss.“ Oh man, schon traurig, dass so was nur mit Vorschriften geht, oder? Und dann sind die Frauen, die das in der Regel ausfüllen, meist so richtig zickige Mistbienen. Warum? Weil sie meinen, genau so hart sein zu müssen wie Männer…vielleicht noch ein bisschen mehr, um neben ihnen zu bestehen. Daraus entstehen dann eiskalte Monster. Herrlich. Eine andere Denke und Haltung…so was müsste her. Aber mich fragt ja leider immer noch keiner. Meine Krönung hat auch noch nicht stattgefunden. Finde den Fehler!
Und wisst Ihr, was dabei so richtig krank ist? Ich kriege den Ohrwurm „Lobe den Herren“ nicht aus dem Kopf und kann darüber nur noch lachen. Ich, das aus der Kirche ausgetretene, verirrte Schaf, singe mir im Kopf das komplette Lied vor. Na, im Grunde glaube ich ja auch weiterhin, dass es da irgendwas gibt, nur glaube ich nicht an die Kirche. Aber darf ich dann überhaupt noch Kirchenlieder trällern – wenn auch nur geistig? Oder geht dann der Blitz irgendwann hernieder? Oder komme ich allein ob dieses Frevels nicht in den Himmel, von dem ich ja immer noch nicht weiß, ob ich in diesen denn nun einkehren möchte oder nicht? Ihr seht: Ich habe neben all meinen Lerninhalten, die vor meiner Brust sind, auch noch viele andere Entscheidungen zu treffen. Es ist nicht leicht, eine Frau außerhalb eines Vorstandes innerhalb eines DAX-Konzerns zu sein, aber eine muss es ja machen. Hoffentlich schlafe ich ohne Lieder im Kopf, schlechtes Gewissen und krude Gedanken einfach mal selig ein. Ich halte Euch auf dem Laufenden…
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