Heute Morgen bin ich noch glücklicher, weil mein Workshop ausfällt. So kann ich von Zuhause aus arbeiten und gelassen nach draußen blicken, wo es schneit. Ich mag Schnee. Er hat was Beruhigendes, alles wird leiser. Nur wenn ich an Freitag denke, wenn ich 650 km brettern muss, weiß ich nicht, wie toll ich das finde. Doch: Was will ich machen? Wenn Heinz schon nicht auf mich hört, wieso sollte es dann Petrus tun? Von dem habe ich ja noch nicht mal ´ne Telefonnummer.
Ich bereite ein paar Sachen nach, ein paar Sachen vor. Dem Leiter, mit dessen Team ich heute meinen Workshop durchgeführt hätte, habe ich zugesagt, noch mit ihm zu skypen. Das tun wir dann auch, wobei er sich wortreich erneut entschuldigt. Er ist echt enttäuscht von seinen Mitarbeitern. Tja, das kann ich ihm nicht abnehmen. Aber wir schieben es ja nur auf und sagen es nicht gänzlich ab. Ich stelle ihm einfach mal alles genau vor, was wir dann nächstes Jahr tun werden. Und er ist wohl begeistert…und noch zerknirschter, weil er sieht, wieviel Arbeit das war. Oh man, dabei bin ich echt enspannt. Es war ja nicht umsonst. Daher passt das für mich. Ich genieße es richtig, alles noch in Ruhe regeln zu können, bevor ich dann frei habe. So hatte ich es mir ja auch gewünscht.
Nur nachmittags…da habe ich dann eine Skype-Konferenz mit meinem Chef und Heinz. Oh, wie ich so was ja immer liebe. Dieser Mensch triggert mich einfach, wo es nur möglich ist. Aber: Da krisste de Poort net tow – oder einfach die Tür nicht zu. Mein Chef fragt, wieviel Aufwand es denn sein würde, wenn wir im nächsten Jahr die Arbeit von einem externen Trainer in einem Center übernehmen würden. Hä? Ich merke an, dass als erstes eine saubere Auftragsklärung vorangehen müsste. Jaja, das schon, aber… Puh, keine Ahnung, warum wir das Pferd immer falsch herum aufzäumen müssen. Aber wenn wir denn nun die Schulungen machen würden. Ich frage mal anders herum: „Wer ist denn die Zielgruppe? Andere Coaches? Oder Führungskräfte auf unterster Ebene? Oder das mittlere Management?“ Ach so…ja, das seien ja echt Unterschiede. Und dann bin ich ganz ehrlich und sage: „Hm, es kommt ja darauf an, wer die Schulung hält. Heinz, für Dich sind die bestehenden Unterlagen ja ok. Da müsste nichts verändert werden, Du könntest bei den Coaches direkt starten. Wenn ich die Schulung machen soll, lehne ich diese Unterlagen aber ab. Ich habe immer gesagt, wie Grütze ich die finde – völlig am Adressaten vorbei.“ Da räumt Heinz ein, das würde er voll verstehen und wisse ja, wie hoch mein Anspruch sei und er sich auch mehr daran orientieren müsse. Er würde gerne von mir lernen und sei mehr als willens, diese Schulungen vernünftig aufzubereiten. Ich kippe fast hintenüber. Äh? Er schmiert mir Honig ums Maul, lobt meine Erfahrungen und Fähigkeiten…und ja, das klingt ja ganz nett. Was ich aber nicht will: Ich werde wieder vor den Karren gespannt, während Heinz sich anschließend damit schmückt. Aber die Rechnung macht er dann ohne mich. Wobei…mittlerweile bin ich mir fast sicher, dass er das auch weiß und eher vorsichtig ist. Heißt aber unterm Strich dann dennoch: Er verdient mehr als das Doppelte von mir und ist nicht in der Lage, ganz vieles, was ich selbstverständlich machen soll, zu leisten. Das ist echt nicht mehr normal. Und nein, ich bin nicht bescheuert: Wenn ich morgen das Unternehmen verlasse, dreht sich die Welt da munter weiter und wird mich nicht vermissen. Bisher tut es das alles ja auch mit sehr geringem Qualitätsstandard. Aber das ist eben nicht, wie ich arbeite. Mit anderen Worten bedeutet das dann aber trotzdem, dass ich im nächsten Jahr in gleich zwei Bereichen mit dem lieben Heinz zusammenarbeiten darf. Das wird eine Herausforderung – für uns beide. Denn ich kann nicht anders, als bei ihm klare Kante zu zeigen. Das wird ja ein Spaß werden…wem habe ich eigentlich ans Bein gepullert oder in die Suppe gerotzt? Kann mir das mal eine beantworten?
Ja, ich arbeite nächstes Jahr auch mit meinen lieben Kolleginnen zusammen, aber wenn mein Chef immer mehr Kapa von mir anders verplant, wird der Bereich immer kleiner. Er weiß auch, dass ich zu viel habe, aber dann kommt er mit dem Schubkarren an und häuft noch was auf. Ich vermute mal, das nächste Jahr steht bei mir unter dem Motto: Grenzen ziehen und NEIN sagen. Wird ja auch mal Zeit.
Aber ich will nicht jammern: Morgen fahre ich das letzte Mal in die Arbeit für dieses Jahr. Also wird alles gut.
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