Heute starten wir wieder früh. Meine Gedanken sind natürlich gestern Abend noch gekreist. Zum Glück schaltet sich ja zügig mein Mechanismus ein, dass manches nicht zu ändern ist. Einen Tag miese Laune wegen so was, ist ok. Aber dann muss es auch wieder gut sein. Wir tapezieren weiter, nur langsam ist die Luft raus. Kleine Fieselarbeit macht so gar keine Freude, doch der Große zieht das geduldig durch. Wenn die Tapete mit dem Kleister in Verbindung tritt, riecht es wie gekochter Reis. Ob sie so was mitterweile als Stärkemittel darin verwenden? Einfaches Reiswasser? Das wäre dann für mich cooles Upcycling.

Mittags sind wir fertig mit dem Tapezieren. Jetzt heißt es: Abkleben und dann streichen. Der Große muss noch Hausaufgaben machen, meine Sis noch nähen. Also arbeiten der Kleine und ich zusammen. Unser Geduldslevel liegt so ziemlich auf demselben Minuslevel. Wir können beide fluchen, wie die Kesselflicker und herrlich mit- und übereinander lachen. Es gibt niemanden, der mich besser zum Lachen bringen kann, als der Kleine. Akribisch und einträchtig kleben wir zunächst ab – jeder in seinem Bereich. Dazu hören wir Hardstyle (nicht so wirklich mein Fall, aber mal ok), Metal (oooooh, da ist das alte Tantchen aber glücklich), Deutsch-Rap (auch nicht meins, aber auch mal ok) und dann Klassiker der letzten 20, 30 Jahre. Et löppt wie e Döppke. Einfach super. Vormittags haben wir einen Teilbereich schon blau gestrichen, um dann den größten Teil grau zu streichen. Und genau das machen wir jetzt. Und obwohl es knifflige Stellen gibt, haben wir zwei jede Menge Spaß. Immer, wenn es aussieht, als könnte es nicht gelingen, trösten wir uns damit, dass es nicht unser Zimmer ist und es ruhig aussehen kann wie Hack. Zwischendurch sagt der Kleine furztrocken: „Irgendwann ist es dann aber auch nicht mehr lecker, sich selbst so zu riechen.“ Muss man erleben, das ist Situationskomik. Natürlich sind wir verschwitzt, aber Iltisse müffeln strenger. Als es dann gerade dunkel wird, streichen wir noch den Ausschnitt blau. Es ist Millimeterarbeit, was uns beide nervt und fordert. Als wir gerade fertig werden, mault der Kleine in feinster Detlef-Steves-Manier: „Ich könnt‘ datt scheiß blaue Röllchen jetzt volle Kanne gegen die graue Wand donnern!“ Ich breche ab vor Lachen, weil er das einfach so giftig raushaut, wie nur Skorpione das können. Dabei würde er das nie tun. Es ist nur einfach befreiend, sich verbal so abzureagieren. Wenn das einer verstehen kann, dann ich. Als ich gerade mit dem Auswaschen der Farbrollen fertig bin, entdeckt meine Sis eine Ecke, die wir wohl übersehen haben. Dem Kleinen platzt gleich was. Ich übernehme die Ecke, damit wir nur eine Rolle noch mal besudeln. So langsam spüre ich echt jeden Knochen. Ich bin wirklich verdammt alt und so was nicht gewohnt. Danach putze ich den Boden noch außenherum, damit wir morgen alles zurückschieben können. Nur um mich zu ärgern, meldet der Kleine an: „Och, wenn ich das jetzt so sehe, denke ich, wir machen morgen in meinem Zimmer weiter.“ Ääääääh, nein!!! Ganz bestimmt nicht.

Ich bin so müde, dass ich den Film, den wir zu viert beim Kleinen gucken, nicht schaffe. Ich weiß leider nicht, wie ich gerade gehen soll. Dabei muss ich vom ersten Stock in den Keller. Großzügig wird mir angeboten, oben zu schlafen. Aber ich habe alles unten stehen (Zahnbürste, Zahnpasta etc.), daher quäle ich mich die Treppe runter. Morgen wird mal etwas gemütlicher… so der Plan. Aber ich bin mir sicher: Die kriegen mich hier noch kaputt. Alles selbstgewählt, ich weiß. Und es macht auch Spaß… also zumindest vieles davon. Für jetzt mache ich mal Schluss und umarme mein Kopfkissen…mmmh, schön weich.

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