Gerade ist etwas die Luft raus. Vermutlich habe ich gestern mein Wut-Pulver verschossen? Ich weiß es nicht. Heute komme ich mehr schlecht als recht in den Tritt. Dabei ist mein erster Termin schon für sieben Uhr anberaumt. Und die Jungs sind wieder einmal mimimi. Ob ich gerade zu hart unterwegs bin? Keine Ahnung. Dabei lobe ich den Trupp durchaus…für ihren Fokus, ihr Ziel zu verfolgen und das auch stringent abzuarbeiten. Nur nutzen sie nicht wirklich die Methode, die hierfür zugrundegelegt wird. Das ist an sich kein Beinbruch. Allerdings ist das eine Entscheidung seitens der Geschäftsleitung, wie sie zukünftig gemeinsame Ziele verfolgen und schneller erreichen wollen. Da kann ich jetzt meckern, knatschen, rumzicken und jammern – es hilft mir ja nicht weiter. Und nein, ich verwende nicht diese Verben, sondern sage lediglich, sie würden sich nicht die Methode zunutze machen. Ein Grantler sagt´s dann unverblümt: „Wenn Du ja sagst, wir machen alles Scheiße, dann sag´ uns, was wir machen sollen.“ Das ist so ein Phänomen: Wenn man die erfolgsverwöhnten Jungs nicht durchweg nur lobt, dann hat man automatisch damit klargestellt, sie würden nur Scheiße machen. So eine schwarz-weiß-Welt mag manchmal echt nützlich sein, geht mir aber immer mehr auf den Zeiger. Ich wiederhole noch mal, was ich alles gut finde. Und dann erkläre ich ihnen, wie sie mal andere Dinge ausprobieren können, um die Methode zu verstehen und dadurch schneller zu werden – aber auch nur, wenn sie das wollen würden. Sie könnten auch genau so weitermachen, wie bisher. Meine Aufgabe sei es, ihnen Angebote zu unterbreiten und die Methode zu erklären. Annehmen und umsetzen, könnten hingegen nur sie.
Wie kann es sein, dass erwachsene Menschen immer wieder nur ihr Ego sehen, statt über die Sache zu sprechen? Das Ego scheint so ein Thema von ganz vielen Menschen zu sein… So beispielsweise auch bei einer Tante, die meine Sis kontaktiert, weil die Impfstrategie so unfair sei. Und dann erklärt sie auch, warum sie das so sehe. Und jetzt? Ich verstehe auch manches nicht und hätte in der Tat bei der Impfung mit Verkäuferinnen und Pflegepersonal begonnen. Aber wir können uns nun hinlänglich darüber auslassen, was alles mies läuft und weiter debattieren. Ich bin mir sicher: So gewinnen wir an Geschwindigkeit. Vielleicht können wir noch tausend Diskussionsschleifen führen. Und am besten wird wirklich jede einzelne Person angerufen und nach ihrer Meinung gefragt. Anschließend rufen wir uns dann noch gegenseitig an und beschweren uns, dass unsere Lösung nicht diejenige war, die zum Schluss angenommen und umgesetzt wurde. Denn das bringt ja so viel.
Was ich damit meine? Meine Sis hat keinen Einfluss auf die Terminvergabe, nur weil sie bei einer Kreisverwaltung arbeitet. Genausowenig, wie Heinz Einfluss auf die Bauvorhaben in unserem Unternehmen hat. Warum muss ich dann mein Rumgekotze bei Menschen platzieren und vor denen argumentieren, die da gar nichts mit zu tun haben? Und wieso ist jede einzelne Person die einzig Wahre und Bedeutende auf dieser Welt? Ist doch komisch, dass Kinder sich streiten, dann aber zu einem Ergebnis kommen. „Entweder, Du spielst jetzt mit und bist der Indianer oder Du bist raus.“ Schwups, ist der Kaas gegessen. Wir müssen als Erwachsene aber noch mit Hinz und Kunz, Hott und Fott darüber reden und versuchen, den anderen davon zu überzeugen – auch wenn das keinerlei Einfluss auf das Ergebnis rückwirkend haben wird.
Versteht mich nicht falsch: Ich bin ein Freund von Diskussionen. Aber es sollten solche sein, die auch ein Ziel vor Augen haben, das alle Betroffenen mtieinschließt. Wenn es immer nur am eigenen Ego scheitert, dann frage ich mich, wohin das führen soll?
Und ganz ehrlich? Ich will auch keine Berichterstattungen mehr über Kanzlerkandiaten hören, wenn die Entscheidung gefallen ist. Ob ich die Entscheidung gut finde? Mitnichten. Habe ich einen Einfluss darauf? Absolut nicht. Lassen wir das Kartoffelmännchen aus Aachen loslaufen und sich die Klatsche abholen. Ich finde schon, dass sie vor der Abstimmung die Stimmen aller ihrer Leute hätten zulassen sollen. Nur empfinde ich die Interviews mit all den aufgeblasenen Politikern im Nachgang so unnötig wie eine dritte Schulter. Es ändert doch das Ergebnis nicht mehr nachträglich. Nachtreten, nenne ich so was – sowohl in die eine, als auch in die andere Richtung. Was bringt das? Es gibt Wichtigeres. Aber es scheint einfach Mode zu sein, sich gegenseitig zu bekämpfen und immer nur sich im Mittelpunkt von allem zu sehen, statt wirklich ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. In diesem konkreten Fall, wie wir die Corona-Krise endlich überwinden und die Folgen lösungsorientiert anpacken.
Das war jetzt mal wieder politisch, ich weiß. Wie kann ich es schaffen, mich nicht mehr über das Gesabber meiner Kollegen aufregen zu müssen, was meinen Job nicht einmal ansatzweise tangiert? Und daher sieht mein Plan jetzt für die Zukunft so aus: Wenn Heinz mal wieder Fragen stellt, die mit meiner tatsächlichen Arbeit nichts zu tun haben, werde ich die Besprechung verlassen. Das ist doch mal ein Anfang. Wenn er oder andere mir die Zeit für Mist stehlen wollen, entziehen ich ihnen kurzerhand meine Zeit. Dann bin ich vermutlich die Zicke, aber – wie heißt das Sprichwort so schön: „Was stört es eine deutsche Eiche, schubbert sich ´ne Sau an ihr?“
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