Eigentlich wollte ich heute zur Apotheke fahren. Uneigentlich bin ich schlichtweg zu müde. Oh, ich habe durchaus gut geschlafen in dieser Nacht. Nur bin ich dennoch gerädert. Morgens werfe ich eine Tablette gegen meine Allergie ein und hoffe das Beste. So eine Desensibilisierung fänd ich mittlerweile gar nicht mehr so bekloppt (ja, freiwillig Spritzen ertragen). Nur dauert so was drei Jahre. „Und da waren sie wieder, meine drei Probleme: Keine Springböcke, kein Auftrag und viel zu viel Zement.“ Ach, Otto, Du hast es so oft so treffend auf den Punkt gebracht. Passend finde ich auch die Alternative: „Da waren sie wieder, meine drei Probleme: Vergesslichkeit, Dings und das Andere.“ Passt auch. Drei Jahre?! Was weiß ich, wo ich in drei Jahren bin? Wieso kann es dafür nicht was mit einem Termin oder maximal zwei geben? Meinetwegen ist die Spritze dann auch etwas größer. Nur möchte ich nicht noch mal und noch mal dorthin müssen. Ach ja, ich möchte noch mal fünf sein, als mein einziges Problem noch darin bestand, wie ich meinen Opa heimlich dazu animieren konnte, mit mir Karten zu spielen, ohne dass meine Mom den Wink mit dem Zaunpfahl mitbekommen hätte. Mein Opa hat es damals einfach weggelacht und sich die Tränen weggewischt. Ach, waren das noch Zeiten.
Meiner Mitschülerin, die die Prüfung letzte Woche bestanden hat, geht es übrigens, wie es mir vermutlich auch gehen würde. Ich frage sie: „Na, wie stolz bist Du auf einer Skala von eins bis zehn, dass Du das so souverän gerockt hast?“ Kurzes Zögern: „Hm, naja…also weißt Du, was? Ich habe mich im Herbst für EMDR angemeldet.“ Aaaah, herrlich, dass manche von uns gleich bekloppt ticken. Das macht mir Mut, doch nicht allein mit meinen Hirn-Kapriolen zu sein. Nur muss ich noch warten und ausharren. Doch da hat mir meine Mitschülerin, die ich gestern getroffen habe, auch ein wenig den Druck nehmen können. Sie hat kein Seminar nachbereitet (so, wie ich das auch bisher immer gehandhabt habe), lernt jetzt auch nicht, sondern wartet bis September. Da wolle sie dann intensiver einsteigen…also ein paar Seiten dazu lesen…so was eben. Das klingt doch entspannt. Das bekomme ich so nicht hin, aber die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Wöchentlich vier bis sechs Stunden zu lernen, dann später täglich einiges noch vertieft zu lernen – puh, da geht mir jetzt schon die Puste aus. Und was bringt das? Nüscht – nur Druck.
Und apropos Puste, die gerade etwas wenig ist: Ich habe jetzt alles online bestellt, was ich von einer Apotheke brauche. Das spart mir einen Haufen Kohle, ein bisschen was an Zeit, aber vor allem: Es ermöglicht mir, einfach für eine halbe Stunde die Augen zu schonen und nicht loszufahren. Ich kann Euch nicht beschreiben, wie unendlich glücklich mich allein diese Entscheidung macht. Nur Allergiker wissen, wie müde man von einer Allergie und zusätzlich müde machenden Medikamenten sein kann. Ich schreibe gleich weiter…sonst knallt mein Kopf noch auf die Tastatur.
Ha, weit gefehlt. Das hat natürlich nicht funkioniert, aber ich bin trotzdem wieder wach. Unter anderem hat meine Mom angerufen. Die Gespräche laufen auch immer wieder nach dem gleichen Muster ab: „Hast Du Dir die Werte von heute angeschaut?“ Gemeint sind Neuinfektionen, Todeszahlen und Inzidenz. Meine Antwort ist auch immer dieselbe: „Nö. Mache ich schon ca. ein Jahr lang nicht mehr bewusst.“ Und dann wird erzählt, wer sonst noch krank ist oder gar verstorben. Ergänzend nimmt sie einen Schlenker über ihre Sorgen bzgl. Corona, sich anstecken zu können. Auch wenn meine Mom nicht so wirklich dafür kann, weil sie nur noch über eine Hirnhälfte verfügt, nervt es mich dennoch. Also sage ich ihr, was ich davon halte – zumal sie bereits zweifach geimpft sei. Dabei betone ich ja selbst immer wieder, wie wenig so was bringt. Doch da mutiere ich dann zum rebellischen Kind, das ein paar Dinge klarstellen muss. Nervig.
Natürlich kann das auch damit zusammenhängen, dass Montag ist. Heinz hält sich sogar für seine Verhältnisse noch zurück, aber das Gelabere der anderen kompensiert das locker. Wir schaffen unser Meeting in 35 Minuten, obwohl sogar ein Kollege fehlt und ich wieder nur 30 Sekunden reporte. Meine liebe Kollegin amüsiert sich und meldet mir zurück, wie genervt und gleichgülitg sich meine Stimme anhöre. Damit bin ich durchaus zufrieden. So stellt nämlich auch keiner der Deppen eine unnötige Nachfrage. Schlimm, aber wahr: Würde ich den Montag aus meinem Kalender streichen, würde das kein Loch in meine Abarbeitung der Themen reißen…ganz einfach, weil wir an solchen Tagen so wenig produktiv sind. Wobei…das stimmt so auch nicht. Mein englisch-sprachiges Team macht heute schon Fortschritte. Es ist wohl zu viel Allergie, zu viel Montag, sind zu viele Kranke/Tote (im Umkreis meiner Mom) und zu wenig sinnstiftende Dinge, mit denen ich mich beschäftigen muss. Wie lange halte ich da noch durch, bevor ich jemanden verprügeln muss? Ich bin gespannt.
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