Trinken ist natürlich keine Alternative. Wisst Ihr, was eine ist? Also ich meine eine echte Alternative? Freunde. Gute Freunde, mit denen man ausgiebig schnacken und klönen kann. Die braucht´s, um die Welt wieder geradezuruckeln.

Der heutige Tag ist ok. Beruflich gesehen ist er kein Highlight, aber auch kein – wie es bei uns tatsächlich immer heißt, obwohl es das Wort gar nicht gibt – Lowlight. Genial ist allerdings meine Kollegin, die anruft und direkt loströtet, sie sei ein Arsch, aber das müsse sie mir unbedingt mitteilen. Sie hat das Feedback an meinen Chef schon gegeben. Im Moment wollen/sollen die Führungskräfte ja Feedback von ihren Mitarbeitern einholen. Alles findet anonym statt. Und da wird dann die „Performance“ bewertet. Ein Hoch auf alle Anglizismen. Nun sind wir also voll zugange mit diesem Feedback, das in etwa zehn Minuten Zeit in Anspruch nimmt. Aber ich vernehme auch schon von einem Kollegen, dass er bereits seit Stunden daran sitzt. Nein, ausnahmsweise einmal nicht Heinz. Der wird allerdings auch eher Tage dafür benötigen – nicht bloß Stunden.
Meine Kollegin hat sich die Bewertung jedenfalls ausgedruckt, weil sie auch dazu stehen würde, sollte der Chef konkret nachfragen. Und so zeigt sie mir, was sie an welcher Stelle geantwortet hat. Puh, dagegen ist mein Urteil echt noch milde. Es gibt sechs Antwortmöglichkeiten, die fast schon mit den Schulnoten 1 – 6 gleichzusetzen sind. Ich glaube, bei meiner Kollegin kommt er auf eine 5,4. Bei mir liegt er eher im 4,6er-Bereich. Als ich ihr berichte, was ich gestern erfahren habe, regt sie sich auf, dass sie besser die Bewertung noch nicht abgegeben hätte, denn dann würde sie ihre Antworten deutlich nach unten korrigieren. Ich lach´ mich hier weg. Schade, dass sie nicht gezielt nach der Einschätzung des IQs fragen…

Nachmittags habe ich dann meinen Termin mit meinem Chef und dem laaaaangsaaaaaamen Kollegen. Die dritte Abstimmungsschleife zum nächsten Team-Workshop. Ich habe dieses Mal gedacht, ich lasse die Jungs mal was zu Papier bringen. Bislang ist noch nichts gekommen. Immerhin bin ich drei Minuten mit meinem Chef allein. Die Gelegenheit ergreife ich und frage: „Ach, hast Du eigentlich schon mit Deinen Kollegen reden können?“ Er fragt überrascht: „Üba wos?“ Lass´ mich überlegen: Vielleicht, wie man Fußpilz nachhaltig bekämpft? Immer noch ruhig, ergänze ich: „Die Potenzialgeschichte?“ Jetzt dämmert´s: „Aaaaah, des! Jo.“ Pause. Will der mich verscheißern??? Ich hole tief Luft und setze nach: „Und???“ „Jo, i woat auf ´n Kollegen mit die Untalogn und lodt dann ei.“ Gerne würde ich ihm stecken, er solle den Kollegen vielleicht erstmal nach den Unterlagen fragen, aber damit entlarve ich das Ganze ja. Also sage ich zuckersß: „Ach, das ist ja schön. Dann freu´ ich mich auf die Einladung.“ Der ist doch deppert! Ich nenne es pure Körperbeherrschung, dass ich so freundlich reagiere. Am liebsten würde ich ihm den Hintern aufreißen. Aber damit würde ich ja meinen Kollegen hinhängen, der mich mit Infos versorgt.
Die Jungs haben auch dieses Mal keine wirklichen Vorschläge für den Workshop – nur einen Haufen Blabla. Ich tippe Vorschläge für die Ziele meines Chefs bzgl. des Workshops runter, die er auch allesamt richtig gut findet. Da bin ich aber froh. Alter, muss wirklich ich ihm die Ziele diktieren bzw. vorgeben??? Jepp, so scheint´s. Sonst geht nämlich gar nichts voran. Mein Chef muss auch früher gehen, aber wir machen das ja auch ganz toll. Wenn der wüsste, dass ich weiß, wie er sich anstellt und was er wo sagt, dann würde er vor Scham vielleicht unter den Teppich kriechen. Aber ich darf ja von nichts wissen. Habt Ihr eine Ahnung, wie anstrengend das ist? Wobei ich sogar denke, er ist sich nicht mal einer Schuld bewusst. Das war auch so eine Aussage im Feedback: „Er ist sich seiner Wirkung auf andere bewusst.“ Da habe ich die schlechteste Antwortmöglichkeit gewählt. Er schnallt nämlich wirklich nichts.

Aber dann kommt ja auch die Erlösung, denn pünktlich zum Feierabend gibt es Besuch. Eine Freundin kommt vorbei, die die beste Medizin gegen Arbeitsstress, Corona-Frust und überhaupt ist. Gemeinsam schlemmen wir, schimpfen (eher ich, als sie), philosophieren und resümieren: Es geht uns alles in allem doch ganz gut. Manchmal vergesse ich das ja über die bescheuerte Art meines Chefs. Wie gut, dass es tolle Menschen gibt, die einen einfach so sein lassen, wie man ist und einen bestärken in dem, was man tut. Danke! Das macht mich glücklich!!!

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