Das ist heute der dritte Tag infolge, den ich frei habe. Nur fühlt es sich nicht so an. Das Gute an dieser Woche: Ich arbeite nur drei Tage und habe dann wieder überstundenfrei. Das Vogel-Drama habe ich zum Glück auch überstanden. Es ist allerdings interessant bzw. gut zu erfahren, dass es anderen Frauen auch so geht, wie es mir gestern ging. Ich habe dann schon das Gefühl, völlig übersteigert zu reagieren. Ach ja, das ein oder andere Mürmelchen muss da oben ja auch nicht immer richtig rollen, oder?
Heute packe ich wieder ein paar Dinge in der Bude an. So einen Eifer habe ich noch nie dabei entwickelt. Und so vieles auf einen Schlag, habe ich auch noch nie entsorgt. Meine Cousine meinte schon, meine Bude sei jetzt völlig leer, aber…weit gefehlt. Es ist immer noch einiges, das hier ein Zuhause hat. Doch ich reduziere. Irgendwie ist mir danach, gerade richtig auszumisten und Ballast abzuwerfen. Ich bin wohl so einiges satt. Auch dieses nicht-loslassen-Können allgemein in meinem Leben, möchte ich wohl gerade auf den Prüfstand stellen. Und dabei hilft es mir eben, im Außen einiges zu entsorgen – so esoterisch das auf den ein oder anderen auch wirken mag. Wenn dann weniger einzupacken ist, packe ich vielleicht auch schneller einen Umzug an? Denn irgendwie stehen die Zeiten gerade auf Bewegung und Umbruch. Noch nicht sofort, aber in den nächsten Monaten. Und dann will ich nicht erst in dem Moment alles ordnen, sortieren und kramen müssen.
Und dann schreibt mich plötzlich mein kleiner Neffe an und bittet mich darum, doch mal über seine Bewerbung zu schauen. Puh! Ich gebe ja zu, das ist mir früher auch schwergefallen. Was mich heute manchmal befremdet, ist die Selbstverständlichkeit, die „die Jugend“ an den Tag legt. Oh Gott, dass ich mal so was sage! Aber die Schulen bereiten so gar nicht auf das Wesentliche im Leben vor. Dann gibt es mal eine Stunde „wie schreibe ich eine Bewerbung“, aber wirklich nachhaltig, ist das nicht. Wenn ich dann so zurückschaue, stelle ich entsetzt fest, dass es das bei uns auch schon nicht gab. Und geholfen hat uns damals auch keiner. Wie auch? Ich weiß nicht, ob meine Mom jemals eine Bewerbung verfasst hat? Sie war zunächst in einer Fabrik beschäftigt und später Putzfrau. Und mein Vater hat, seit ich ihn kenne, immer nur die Stelle als Hausmeister gehabt. Von dieser Seite konnte also keine Unterstützung kommen. Ich hatte damals fest auf eine Krankenschwester-Ausbildung gehofft und bin ins Bodenlose gestürzt, als die keine Abiturienten genommen haben. Wäre mein damaliger Freund nicht mit dem Studi-Verzeichnis um die Ecke gekommen, weiß ich auch nicht, was ich gemacht hätte. Ich wusste nur eines ganz sicher: Keine zehn Pferde hätten mich in ein Amt bekommen. Schon lustig: Mir ist es immer besser gelungen, zu sagen, was ich nicht will, als das zu äußern, was ich denn wirklich will.
Wir haben damals nicht unbedingt gedacht, alle würden nur auf uns warten. Mir wurde noch eine Demutshaltung beigebracht. Selbst heute sagt meine Mom noch zu mir: „Du kannst so dankbar sein, dass Du einen Job hast!“ Ääääh, ich arbeite auch dafür – wenn auch derzeit nicht so glücklich und beschwingt, wie es eigentlich sein sollte. Und der „Kleine“ hat natürlich so richtig Bock, sich da gerade reinzuknien…ääääh, richtig, gar nicht. Ich bastel´ noch für ihn an einem Lebenslauf herum, was ihm auch schon auf den Zeiger geht. Bei „Hobbies“ will er nur Fußball angeben. Er hat auch andere Interessen. Und so fragt die blöde, lästige Tante: „Jetzt wirst Du eingeladen, und der Personaler fragt Dich: `Was hast Du denn während der ganzen Corona-Zeit gemacht?` Was antwortest Du ihm dann?“ Seine ehrliche Antwort: „Ja, nicht viel, ne? Was soll man denn da auch machen?“ Dabei hat er schon an den handwerklichen Projekten seines Bruders mitgeholfen. Oder ich frage nach seinen Stärken und ernte ein: „Weiß ich nicht.“ Auf so etwas sollte Schule auch hinarbeiten: Dass die Kinder und Jugendlichen sich viel mehr ihrer Stärken bewusst werden und damit auch besser herausfinden, was zu ihnen passt. Es ist schon zäh. Und so sitze ich dann zwei, drei Stündchen nur an dieser Bewerbung samt Lebenslauf. Sein trockener Kommentar von ihm, als ich noch mal anrufe: „Musst Du auch nicht alles heute machen. Es reicht irgendwann diese Woche.“ Da bin ich aber dankbar.
Wenn doch schon so viel Unterricht ausfällt (ja, immer noch), sollten die Schulen so was ins Programm aufnehmen und die Schüler bei ihren Bewerbungen unterstützen, oder? Vermutlich erwarte ich mal wieder zu viel von den armen, gebeutelten Lehrern. Sie haben ja schon genug Energie aufzubringen, indem sie sich standhaft gegen die Umstellung auf digitalen Unterricht wehren. Ja, es gibt sie immer noch, die rühmlichen Ausnahmen. Die Regel sieht allerdings anders aus.
Jetzt geh´ ich Richtung Bett und lese noch etwas. Mein Chef hat zum Glück vergessen, unser wöchentliches Meeting zu verschieben. Der Montag fällt also mit all seiner Konsequenz aus. Wenn das mal kein Grund zur Freude ist! Ich wünsche Euch einen zauberhaften Wochenstart. Es wird schon werden…
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