Heute ist der letzte Arbeitstag dieser Woche, daher stehe ich so was von beschwingt auf. Ich kann es kaum fassen. Trotzdem bin ich etwas verpeilt…oder einfach nur alt. Ich lasse mir einen Kaffee aus der Maschine und starre auf das Getränk. Ääääh, Bodenseekaffee soll ja schonender sein. Nicht so viel Koffein drin, das den Magen reizen könnte. Da ich aber nur zwei Tassen pro Tag trinke, muss ich eventuell nicht ganz so arg darauf achten. Bis es mir dämmert: Dieses Getränk, das nahezu glasklar daherkommt, ist einfach mal ohne Kapsel ausgestattet worden. Ich habe echt vergessen, eine einzulegen. Guten Morgen! Vielleicht will das Universum mir ja etwas sagen…?
Unser Chef-Chef verkündet heute seinen Weggang. Es dauert noch ein paar Wochen, aber dann verlässt er uns. Nicht das Haus, aber doch unsere Abteilung. Toll, dass ich in diesen Wochen noch erfahren darf, was Ober sticht Unter bedeutet, da ich aufgrund seines zweistündigen Termins das Gebäude mit meinem Workshop, der für vier Stunden angesetzt ist, verlassen darf. Ich mag ja Fragen, wie: „Ist es möglich, dass Du ausweichst?“ Dann habe ich das Gefühl, ich dürfe auch nein sagen. Und so sage ich, dass es zu umständlich sei, da ich Teil eins des Workshops in diesem Raum abhalten und sämtliche Flipcharts und Brownpaper mit den Ergebnissen dort belassen wollen würde für Teil zwei – eben diesen vierstündigen Termin. Die Anfrage kam letzte Woche. Diese Woche fragt die Assistentin noch mal nach, woraufhin ich frage, ob denn nicht der Chef-Chef mit dem kürzeren Termin in den anderen Raum ausweichen könne? Drei Stunden später erhalte ich die Antwort, er könne das nicht. Keine Ahnung, ob er bis dahin eine Fuß-OP hat? Ich muss jetzt auf jeden Fall meinen Termin verlegen. Warum fragt man dann vorher und gibt nicht direkt die Anweisung? Damit die Menschen in der unteren Kaste das Gefühl haben, mitentscheiden zu können? Ach ja, solche Spielchen brauche ich nicht. Dann bevorzuge ich schon fast das Militär. Die geben wenigstens zu, nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam zu leben.
Dann ist es endlich so weit: Ich darf zur Caritas fahren und verspüre ein leicht flaues Gefühl in der Magengegend. Nicht etwa, weil ich mich von meinem Porzellan trenne, sondern weil die Dame am Telefon letzte Woche so herrisch war. Wer weiß? Vielleicht hat die ja auch beim Militär gelernt? Die Frau, die ich vor Ort antreffe, ist dann aber doch freundlich. Lediglich ihr: „Haben Sie einen Termin?“, erinnert mich an Arztbesuche: „Haben Sie Ihr Versicherten-Kärtchen dabei?“ Ich packe die Ausbeute auf einen Tisch – alles im Freien. Die Dame hinter dem Tisch steht hingegen in der Halle. Sie schaut in die Kartons, dann mich begeistert an und bedankt sich. Im Gegenzug reicht sie mir einen Flyer, auf dem auch die Kontaktdaten stünden, um einen „Click and Collect“-Termin zu vereinbaren, wenn ich denn auch mal etwas kaufen wolle? Ich schaue ihr verzweifelt in die Augen: „Danke, aber…ich habe eher noch mehr abzugeben, als dass ich was Neues kaufen wollen würde.“ Da reagiert sie wieder superfreundlich, dass ich gerne einen neuen Termin ausmachen könne und sie sich über die Spenden freuen würden. Klingt doch völlig anders, als die Dame letzte Woche am Telefon.
Ich habe also wieder Ballast über Bord geworfen. Und dann klingelt es plötzlich an der Tür. Etwas misstrauisch, frage ich über die Gegensprechanlage, wer da sei? Ein „Habe Post“ wird mir entgegengeträllert. Ich habe nichts bestellt. Nun gut, schauen wir mal, ob der Gute sich nicht doch vertan hat. Beschwingt und pfeifend hüpft ein Herr die Treppe hinauf und hält mir ein Paket unter die Nase. Mein „Äääääääh?“ ist für ihn Anlass genug, mich anzugrinsen und zu sagen: „Kriegen Sie Bluuuumen! Toll!“ Dann dreht er sich um, lässt mich verdutzt zurück und hüpft die Treppe wieder abwärts. Mir schießen ein paar Ideen durch den Kopf, bis ich die Karte entdecke und lachen muss: Meine Kollegin, die auf Junggesellinnenabschied war, will sich mit den Blumen bei mir bedanken. Witzigerweise habe ich am Wochenende noch überlegt, meine größeren Vasen eventuell auch auszurangieren, da ich ja doch nie Blumen erhalte. Der unbedingte Glaube daran, mal einen blumenschenkenden Kavalier (was ein schönes, altes Wort!) kennenzulernen, hat mich in letzter Sekunde davon abgehalten. Nun ist es kein Kavalier, was den Blumen keinen Abbruch tut. Die Pfingstrosen werden umgehend mit Wasser und Schnittblumendünger in eine fast ausrangierte Vase gestopft und strahlen mich nun an. Was geht´s mir doch gut, oder?! Damit habe ich nicht gerechnet und finde es auch unnötig…aber ich freue mich wie ein Schnitzel!
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