Heute kann ich ausschlafen. Und das genieße ich auch. Trotzdem möchte ich nach wie vor den Schwung nutzen, wenn ich einmal im Leben im Total-Aufräummodus bin. Auf meinem Balkon steht eine Rattan-Truhe, die eigentlich zur Aufbewahrung von Auflagen und Polstern gedacht ist. Ich habe sie vor drei Jahren mit allem vollgestopft, was gerade noch im Weg war. Habt Ihr auch so was oder bin ich da als Einzige so dämlich? Wenn am Ende immer noch Umzugskisten herumstehen und man nicht mehr weiß, wohin mit allem? Und dann will man einfach nur noch fertig werden. Jetzt könnt Ihr Euch vorstellen, wie diese Truhe aussieht. Alles mögliche findet sich in der Kruschpelkiste. Also ist die heute dran.
Und da staune ich nicht schlecht, welche „Schätze“ ich darin finde. Wegschmeißen und entrümpeln wirkt echt befreiend. Meine Cousine hat noch gebeten, was übrig zu lassen, damit sie sich austoben könne. Sie meinte gestern Abend am Telefon (kurz vor dem fulminanten Ende einer wirklich verkackten Finalshow von Germany´s Next Topmodel!!!), sie könne sich so was beruflich vorstellen: Entrümplerin. Ich weise sie mal drauf hin, in was für Buden sie dann tatsächlich käme. Aber nein, sie verfolgt einen ganz anderen Plan: Entrümplerin bei den oberen Zehntausend. Ach ja, wenn wir zwei telefonieren, kommen immer spannende Spinnereien dabei heraus…bisweilen auch ausgetüftelte Folter-Methoden, wobei ich da ganz eindeutig die Nase vorn hab´. Beim Entrümpeln gewinnt sie hingegen haushoch.

Unter anderem komme ich auch an meiner Tücherbox aus. Die steht natürlich nicht auf dem Balkon. Wobei – was ich da alles so finde…puh! Von einigen meiner Tücher trenne ich mich sofort. Aber von dem Tuch, das Tim mir in der neunten Klasse geschenkt hat, kann ich das nicht. Das war damals bei uns voll in. Wir haben uns gegenseitig Tücher geschenkt, die wir gefaltet und um das Handgelenk geknotet haben. Oh mein Gott! Wenn ich das gerade selbst noch mal lese, muss ich echt lachen. Waren wir bescheuert!!! Aber er war mein bester Freund, mein Schwarm und einfach ein cooler Typ, den schlichtweg jeder mochte.
Ich stoße aber tatsächlich auf ein noch viel älteres Tuch. Und ich weiß, dass es bestimmte Begriffe nicht mehr geben soll, was ich absolut verstehe. Als Kind waren wir davon noch meilenweit entfernt. Und so habe ich – entgegen vieler anderer Mädchen, die lieber Prinzessin sein wollten – Zigeunerin sein wollen. Keine Ahnung, woher das kam? Dieses Herumziehen fand ich spannend, aber eben auch die Farben und dieses geheimnisvolle Leben. Dazu habe ich einen Tellerrock (ich nenne ihn so, weil er immer wie ein Teller aussah, wenn ich mich schnell gedreht habe) getragen und mein Zigeunertuch. Es ist ein schwarzes Tuch mit Goldfäden durchsetzt und anderen Farben, wie lila, türkis, grün und blau. Ich habe mir ein „fahrendes Leben“, wie man es uns früher erzählt hat, toll vorgestellt, was Zuhause eher als Spinnerei abgetan wurde. Im Grunde habe ich wohl einen Anteil davon noch in mir. Das Tuch weckt einfach schöne Erinnerungen, daher wird es nicht aussortiert. Alles andere fliegt im hohen Bogen raus.
So ein umherziehendes Leben finde ich nach wie vor spannend. Manchmal denke ich schon auch, es wäre toll, „anzukommen“. Aber ich denke, das definiert eben jeder anders. Mein Fernweh juckt mich ja schon wieder. Ob ich noch mal den Mut aufbringe, einfach so herumzulaufen, wie ich das in Peru getan habe? Dabei lernt man die spannendsten Menschen kennen und sieht andere Kulturen auch völlig anders. Wenn es auch dieses Jahr noch nichts wird, so glaube ich gerade fest daran, dass es dann eben nächstes Jahr wieder möglich sein wird. Und dann wird´s kein Halten mehr geben.
Bis dahin werde ich mich von noch mehr Sachen trennen, damit ich beschwingt losfliegen kann, wenn es denn wieder unter „normalen“ Umständen gehen wird.

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