Heute ist der maximal eine Tag im Monat, an dem ich gerne ein Mann wäre. Mal schlägt mir das mehr aufs Gemüt, mal weniger. Da ich heute mit mehr Bauchkrämpfen zu tun habe, bin ich etwas angeschlagen. Daher steht auch nichts Großes auf dem Programm, außer Schonhaltung mit warmem Traubenkernkissen – und das bei dem Wetter! Ich sage ja: Hin und wieder ist da so ein Wunsch, ein Mann zu sein. Doch ich kann alle beruhigen: Morgen ist das im Nu wieder verflogen…für mindestens einen Monat.
Da die Sonne so herrlich scheint, will ich sie dann doch irgendwie auch nutzen. Und so lese ich ziemlich viel auf meinem Balkon. Die Kinder ströpen durch die Grünanlage und freuen sich mit der Sonne um die Wette. Meine liebgewonnenen Feldwespen sind auch wieder munter im Einsatz und bauen ihr Mininest in meinem Balkonschrank. Ich krame kurz darin, als es mir plötzlich auffällt. Normale Wespen würden ja jetzt Terror veranstalten und einen auf Attacke machen. Doch die Feldwespen leben hier in friedlicher Co-Existenz mit mir. Ihr Volk ist recht klein, ihr Gemüt eben nicht aggressiv, also bin ich entspannt. Doof wird´s erst im Sommer, wenn ich den Sonnenschirm aufspanne und die Guten sich dann wieder zum anonymen Stecher-Treffen darauf breitmachen. Irgendwann muss ich den Schirm ja doch zusammenklappen. Nach Möglichkeit möchte ich dabei keine von ihnen verletzen und auch nicht selbst gestochen werden. Ach ja, so hat man seine kleinen Herausforderungen im Leben, gell?
Doch nicht nur die Bienen geben sich ein munteres Stelldichein. Nein, auch ein mächtig brummender Rosenkäfer gibt sich die Ehre. Ich habe vorhin erstmal gegooglet, was das für ein Käfer ist. Er brummt schon recht laut, macht dann aber vor allem durch seine Farbe auf sich aufmerksam. Wie steht´s im Netz: Ein fliegender Edelstein. Meine Cousine ist Goldschmiedin. Vielleicht bringe ich ihr so ein Exemplar mal vorbei, damit sie mir einen Ring daraus fertigen kann. Natürlich ist das ein Spaß! Ich würde niemals einen Käfer, der 2000 zum Insekt des Jahres gekürt wurde, einen Fühler oder Flügel krümmen. Der dicke, grünlich-gold schimmernde Käfer legt in der Sonne eine Rast auf meinem Balkon ein. So mächtig, wie der aussieht, ist es bestimmt auch nicht leicht, durch die Gegend zu fliegen. Irgendwann beginnt es, wieder zu brummen, und ich verabschiede mich von dem Käfer.
Warum machen Spinnen so was nicht einfach? Ein kurzes „Hallo“ und dann einfach weiterziehen? Oder Schneider? Die sind mir ja so was von suspekt. Und die ertrage ich auch echt nicht in der Wohnung. Neulich meinte eine, in meiner Küche herumpogen zu müssen. Wobei…beim Pogen kann man erahnen, in welche Richtung sich jemand bewegt. Bei einem Schneider weiß man das hingegen nie so genau. Und gerade das macht ihn für mich so unerträglich. Ich habe beim Anblick dieser Viecher automatisch eine Ganzkörpergänsehaut, die sich auch komplett über meine Kopfhaut zieht. Finde ich schon schräg. Es könnte allerdings genetisch bedingt sein, denn meine Sis – darauf angesprochen – bestätigt mir exakt auch diese Form der Ekelbekundung, wenn sie eines Schneiders gewahr wird. Ich hoffe doch, es geht noch mehr Leuten (wobei ich eher auf Frauen tippe) so, wenn sie Schneider im wilden, chaotischen Flug umherschwirren sehen? Widerlich! Dabei können sie ja nix dafür. Das ist mir schon klar. Nur zu diesen Insekten habe ich ein noch gespalteneres Verhältnis, als ich es bei anderen schon habe.
Vielleicht liegt es auch an meinem jüngsten Cousin, der heute zum Glück mit seinen 30 Jahren nicht mehr so drauf ist. Er konnte gerade mal krabbeln und robben, als meine Tante einen Schneider in der engegengesetzten Zimmerecke entdeckte. Da es an der Haustüre klingelte, war sie kurz abgelenkt, um nachzuschauen, wer denn zu Besuch kam. Als sie zurück ins Zimmer kam, hing nur noch ein Schneiderbeinchen aus dem Mund meines Cousins. Äääääh…kann man da sein Kind noch lieben? Ich vermute, ich hätte die Keramikschüssel liebevoll umarmen und erstmal die Fische füttern müssen, bevor ich mich meinem Sohn hätte nähern können. Vielleicht ist dies ein weiterer Grund, weshalb ich keine Kinder habe? Man weiß es nicht. Leider ist er heute nicht mehr in der Lage, mir die Frage nach dem Geschmack des Schneiders zu beantworten. Natürlich habe ich ihn darauf angesprochen! Ich mag ihn sehr gerne. Ihn hat die Frage eher amüsiert. Er nimmt mich nicht so ganz ernst, wenn ich so drauf bin. Ach, braucht nicht jeder eine schrullige Cousine, Tante oder Freundin in seinem Leben? Eben.
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