Heute Morgen düse ich wieder ins Büro. Ominöserweise steht ein Fenster sperrangelweit offen. Es ist 6:50 Uhr. Zwei Kollegen aus diesem Büro sind in Urlaub. Die andere ist Langschläferin. Und dann ich, säät der Jeck. Komisch, komisch, auch wenn ich Frischluft natürlich sehr mag. Erst spät am Nachmittag finden wir endlich heraus, dass die Handwerker gestern Schalldämpfer an der Decke installiert haben und dabei vergessen haben müssen, das Fenster auch wieder zu schließen. Die Tastaturen lagen auch umgedreht auf dem Schreibtisch. Wir hätten drauf kommen können, aber an so was habe ich nun wirklich nicht gedacht. Nur gut, dass wir es rausgefunden haben. Ansonsten wäre mir das nicht mehr aus dem Kopf gegangen.

Kurze Zeit später darf ich dann auch den zweiten Teil meines Workshops durchführen. Der Auftraggeber ist wohl zufrieden, obwohl ich wirklich „nur“ moderiere. Mir ist das zu wenig, aber wenn es gewünscht ist, bin ich nun mal nur Dienstleister und er Kunde. Mit den sechs Kerlen macht es mir allerdings sehr viel Spaß. Ein ganz Harter haut irgendwann raus: „Mit Dia daat i gäan oan saufn gänga.“ Das ist doch mal ein Wort! Wenn es wieder möglich ist, werden wir das vermutlich nachholen. Er trägt ein T-Shirt von Motörhead, weshalb ich weiß, dass wir Musik technisch auf einer ähnlichen Welle schwimmen. Als mir zwei Jungs dann noch verraten, dass sie vor zwei Jahren auf einem Disturbed Konzert waren, drohe ich ihnen das Schlimmster an, wenn sie mich beim nächsten Mal nicht mitnehmen würden. Angeblich werden sie mich beim nächsten Mal informieren. Wenn nicht, gibbet Kassalla. Der Grottenharte gesteht am Ende des Workshops dann auch, wie froh er sei, einfach raushauen zu können, was er wolle, ohne Angst haben zu müssen, ich würde wegen angeblicher Frauenfeindlichkeit zum Betriebsrat oder zur Personalabteilung rennen. Davon bin ich meilenweit entfernt. Mir macht das doch selbst viel Spaß, sie hops zu nehmen. In Teilen ist es wirklich eigenartig geworden…das verstehe ich nämlich nicht unter Gleichberechtigung.

Einer der anwesenden Teamleiter ist sehr speziell. Er ist knurrig oder vielmehr gibt er sich so. Irgendwie mag ich ihn, auch wenn ich seine politische Gesinnung vollkommen ablehne. Wir zwei frötzeln, seit wir uns kennen. Die anderen haben natürlich ihr Späßchen daran und machen kräftig mit. Als der Heavy Metal Fan sagt, ich werde schon sehen, wie wenig davon nachhaltig umgesetzt werden könne, wenn wir uns in zehn Jahren noch mal zusammenhocken, sage ich trocken: „Glaubst Du echt, ich bleibe hier noch zehn Jahre und muss mich mit dem da rumschlagen?“ Daraufhin erfahre ich ein neues Wort: „Woas? Däa is bekonnt als Stutentröster. Des is do däa Beste herinnen, dem´s hia hobm.“ Schawatt bitte??? Stutentröster? Ich will schon wie ein Pferd schnauben, denke aber, das würde dann missverstanden werden. Fortan nennen wir ihn natürlich nur noch so. Er schmunzelt dazu, ich habe Bilder im Kopf. Nicht gut. Doch unterm Strich, hey, bekomme ich mein Gehalt auch für so was hier, oder? Und ich merke, es macht gerade wieder etwas Spaß zu arbeiten.

Den Abschluss des Tages bildet eine Rücksprache mit meinem Chef-Chef. Das kam sehr spontan zustande. Meine Kollegin hatte ein Gespräch mit ihm und in dem Zuge auch gefragt, ob man auch Wünsche äußern dürfe, in welche Richtung man sich nach der Umstrukturierung bewegen wolle? Sie darf. In dem Zusammenhang fragt er auch nach mir und was ich denn wolle? Meine liebe Kollegin sagt ihm, was sie denkt, aber er gibt ihr mit, ich müsse ihm das auch noch mal selbst sagen, denn nur dann könne er auch wirklich dem anderen Chef dies mitteilen. Und so kommt dann die kurzfristige Rücksprache zustande. Er kommt in unser Büro und antwortet mir auf die Aussage, dass ich nicht gedacht hätte, wir könnten unsere Wünsche äußern: „Richtig. Man fragt nicht jedes Fröschchen, wenn man den Teich verlegt.“ Da seht Ihr mal, wie schnell man in der Tierwelt absteigen kann: Von Stute zu Frosch innerhalb von wenigen Stunden. Er kann uns nichts versprechen, das ist schon klar. Aber er kennt den Leiter der anderen Abteilung und würde mit ihm schon sprechen, wen er für dessen Bereich geeignet empfände. Wahrscheinlich wird das im ersten Aufschlag, das heißt bis zum ersten Oktober, noch nicht unbedingt was. Doch wenn sich dann alles rüttelt und schüttelt, wird sich da vielleicht was ergeben. Es schade, laut seiner Aussage, nicht, wenn man sich positioniere. Und da ich den anderen Leiter flüchtig kenne, mache ich es, wie meine Kollegin und stelle einen kurzen Termin in der kommenden Woche ein. Mir ist ein wenig mulmig, aber: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt – egal ob Stute oder Frosch. In diesem Sinne: Es wird tierisch.

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