Selbst schuld. Jo, das ist ein treffender Einstieg, schätze ich. Ich wollte es ja selbst so. Da muss ich mich im Nachhinein nicht wundern. Was ich meine? Na, das Museum. Ich schätze, ich bin und bleibe einfach ein Banause. Trotz allem hatte ich einen tollen Tag. Nur die Pinakothek konnte mich nicht begeistern. Dabei fing alles so gut an. Wir konnten einen guten Parkplatz ergattern und im Sonnenschein – wenn auch bei eisiger Kälte – zum Museum schlendern.
Irgendwie hat es ja was, in einer Großstadt zu wohnen. Nicht dass ich das tue. Aber die Vorstellung, in diesem Viertel, in der auch die Pinakothek liegt, zu wohnen, übt einen gewissen Reiz aus. Rabbeldiwutz wäre ich dann überall mit der U- oder S-Bahn. Doch als ich mir so die Bauten anschaue, denke ich nur: Hier will ich auch nicht tot überm Lattenzaun hängen. Gebäude reiht sich an Gebäude, Parkplätze sind Mangelware, Verkehr ist immer auf der Straße, und die Hinterhöfe sehen auch alles andere als romantisch aus. Das ist eben auch Stadt: Viel Beton, kleine Balkone, wenn denn überhaupt einer vorhanden ist.
Doch zurück zur Alten Pinakothek. Das Gebäude ist schon imposant. Derweil scheint die Sonne kräftig, was mein Herz echt ein wenig leichter werden lässt. Seit wann bin ich bitte so wetterfühlig geworden? Ich schätze echt, die letzten zwei Jahre haben bei einigen von uns einige Maröttchen zutage gefördert. Wir geben unsere Jacken am Eingang ab, lassen unsere Impfausweise und Persos überprüfen und werden dann von einem Flüster-Mann informiert, welche Routen wir einschlagen sollen. Er flüstert nicht etwa, weil wir in einer Bibliothek sind oder sonst wie Leute stören könnten, sondern einfach, weil er wohl ganz ausgeprägte Maröttchen hat. Nicht mal in die Augen kann der Arme uns schauen. Oh je. Sei´s drum, wir starten unsere Tour. Und sowie wir den ersten Raum betreten, kommen wir uns wie Schwerverbrecher vor. Eine Aufseherin verlangt sofort, die Taschen zu sehen. Ich gehe auf sie zu und halte meine Tasche hin. Ihr Kommentar: „Ach so. Nein, die ist zu klein.“ Die Tasche meiner Begleiterin (ich habe heute Ausgang in meiner Einrichtung bekommen, schätze ich) ist ebenfalls zu klein. Ich kann es mir nicht verkneifen und sage zu meiner Freundin: „Verdammt! Ich habe Dir noch gesagt, dass in unsere Taschen nie im Leben ein Bild reinpasst. Wir hätten die größeren mitbringen sollen!“
In jedem Raum sind Aufseher, was uns aber nicht davon abhält, uns gegenseitig zuzukichern, wie wir die Bilder und Skulpturen finden. Im Erdgeschoss geht es noch einigermaßen. Doch dann erklimmen wir den ersten Stock. Und siehe da: Ganz viele religiöse Motive. Und was sticht da immer wieder ins Auge? Richtig, auf den meisten Bildern hängt bei den Damen ein Mops raus. Mal ist es der linke, mal der rechte. Und nein, da hängt nicht immer ein Baby auf dem Arm ab oder so. Ich frage mich noch, wie unbequem das sein muss? Hat das mal eine von Euch gemacht? Einfach mal durch die Gegend laufen, während ein Mops aus dem Oberteil rauspurzelt? Wenn ja: Ist es so unbequem, wie ich mir das vorstelle? Die Erkenntnis des Tages: Es sind natürlich Männer, die das gemalt haben. Und da ist es nur normal, dass es zu Männerphantasien kommt. Ich glaube, ich fange einfach auch mal mit dem Malen an. Dann laufen Männer zukünftig mit einem Ei aus der Hose raushängend durch die Welt. Mal schauen, wie ich das bewerkstelligen werde, aber ich bin guter Dinge, dass mir das ähnlich gelingen wird, wie es die alten Meister geschafft haben. Ich weiß, ich bin ein ganz schrecklicher Banause. Aber wenn man sich die Bilder so anschaut und mit heutigen vergleicht: Was hat sich wirklich verändert? Nein, ich bin immer noch keine Emanze. Trotzdem darf mir auffallen, wie viele Frauen halbnackt im Fernsehen, auf digitalen Medien oder auch in Zeitschriften (old school) umherspringen. Im Vergleich dazu gibt es doch wenige Kerle, die so pornographisch dargestellt sind, oder? Und wenn mir jetzt einer um die Ecke kommt und erklärt, dass es quasi als Kompliment an den Frauenkörper gemeint sein soll, dann spei´ ich echt. Ich merke mal wieder, wie sehr mich die Kirche und die damit verbundene jahrtausendelange Unterdrückung der Frauen triggert. Und nicht nur die Frauen, wie man derzeit immer wieder mitbekommt…auch kleine Jungs. Es ist und bleibt das gute alte Spiel der Macht.

Um es aber wieder etwas aufzulockern, interpretieren wir die Bilder auf unsere sehr eigene Weise, weil uns beide diese kirchlichen Motive mit raushängendem Mops nerven. Irgendwann zerreißt´s mich, und ich sage salbungsvoll: „Guck´ mal, der DJ Bobo ist auch da!“ Ein Jesus hat wirklich die Gesichtszüge von DJ Bobo. Ich stelle mir vor, wie das Bild anfängt zu singen und „Freedom“ oder ähnliches schmettert. Leider verwackelt das Bild, das ich mit meinem Handy als Beweis schieße, weil wir zwei uns wegkichern. Dazu laufen dann Menschen mit seriös dreinblickenden, fachmännisch abwägenden Gesichtern herum und verweilen vor den Bildern. Es tut mir auch echt leid, weil ich gerne Zugang zu so manch einem Bild haben wollen würde. Aber die Entscheidung für die Alte Pinakothek war die falsche. Wir werden noch mal irgendwann in die Neue Pinakothek gehen. Nicht die Moderne, weil ich damit auch nichts anfangen kann. Doch vielleicht fühle ich mich in der Neuen etwas wohler und kann den Haken hinter „ich hab´ was Intellektuelles in meiner Freizeit gemacht“ setzen?

Als wir den Ausgang nach knappen eineinhalb Stunden bereits wieder ansteuern, mutmaßen wir noch, ob es hier so läuft, wie im Schuhbeck Restaurant? Da gibt es am Ende ja auch manchmal ein Kärtchen, dass man bitte nie mehr wiederkommen solle. Habe ich mir so berichten lassen, weil höchst selbst würde ich dort nie hinstiefeln. Wenn man eine Wein-Empfehlung ablehnt oder vom Teller des Gegenüber etwas probiert (welch´ Frevel! Da würde ich sofort meinen linken Mops als Protest aus dem Oberteil zerren), erhält man beispielsweise so eine Aufforderung per Karte. Doch dieser Kelch geht an uns vorüber. Wir waren nicht sooo laut und haben auch nur einmal den Alarm ausgelöst, weil ich über einen Punkt am Boden gelatscht bin. Allerdings war ich nicht die Einzige, der das passiert ist. Nie im Leben hätte ich ein Bild angefasst. Aber das Überschreiten der Punkte am Boden (nicht etwa rot, sondern blass gülden im Vollholz-Parkett eingelassen und daher total ins Auge stechend…nicht) reicht auch für einen netten Alarm aus. Ich bin zu sehr Bauer, um so was, wie diese Kunst hier, aufrichtig genießen zu können.
Draußen sind wir erleichtert und suchen nach einem netten Café…irgendeiner Sitzgelegenheit. Doch es gestaltet sich schwieriger, als ursprünglich gedacht. Lenis Café ist leider rappelvoll. Da es mittags ist, entscheiden wir uns nach halbstündigem Rumlatschen dann doch für einen Perser. Und ganz ehrlich? Die Offenbarung, die ich mir vom Museum erhofft hatte, tritt hier ein. Wir lassen uns auf die Empfehlung der Bedienung ein – ein netter, junger Perser, der natürlich mit meiner blonden Freundin flirten will. Es schmeckt einfach himmlisch! Berberitzen im Reis und ein paar Orangenstreifen dazu, sind mal eine ganz neue Erfahrung für mich. Selbst die Falafel zur Vorspeise sind ein Gedicht und nicht wie die eines Schnellrestaurants. Vielleicht bin ich ein Kultur-Banause, was die gemalte Kunst angeht, doch das, was wir hier auf den Tellern haben, ist für mich auch Kunst und ganz viel Kultur. Daher bin ich völlig im Reinen mit mir und lasse meine Möpse da, wo sie hingehören.

Der Sonntag ist recht lässig. Ich besuche meinen Kollegen, um ein Geschenk für das Baby vorbeizubringen und seiner mir bis dahin nur vom Telefon bekannten Frau Bücher für die Prüfung auszuleihen. Kennt Ihr das Phänomen? Ihr versteht Euch mit einer Person richtig, richtig gut. Und dann lernt ihr den Partner oder die Partnerin kennen und denkt: Ja gut, die brauche ich jetzt nicht. So war das dann auch. Ist nicht schlimm oder wild…nur sympathisch ist was anderes. Entsprechend fällt mein Besuch recht kurz aus, bevor ich mich mit Ebook auf den Balkon hocke. Das Wetter muss doch ausgenutzt werden, bevor es ab Dienstag für den Rest der Woche regnen soll. So ein Wochenende ist mal nach meinem Geschmack.

Doch dafür ist dann heute auch wieder Montag. Die Sonne scheint, weshalb ich meine Mittagspause vermutlich auf den Balkon verlege. Die Themen sind vielfältig, aber öden mich nahezu alle an. Auf Dauer schaffe ich es nicht, höflich lächelnd zu reagieren. Als dann eine Kollegin aus einer völlig anderen Abteilung meint, was ich nach dem nächsten Termin des Obermufftis zu tun hätte, hole ich Luft und sage ganz ruhig und klar: „Lisa!“ Sie schweigt und schiebt hinterher: „Ja, ich weiß. Verstanden.“ Es gibt so Menschen, die einem Arbeit anschaffen und Befehle erteilen wollen, was gar nicht ihre Befugnis ist. Sie hat das schon mal versucht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Ein Idiot, der es mit sich machen lässt. Sie hat so eine Art, mit einem zu sprechen, als sei man ihr Praktikant. Wir hatten das Thema vor über drei Jahren. Da habe ich ihr gesagt, dass es für einmal noch keine Kugel von mir gäbe, sie aber nicht noch mal versuchen solle, mich wie ihre Praktikantin oder Assistentin zu behandeln. Sie hat es damals eingesehen…doch es ist einfach ihr Naturell. Interessant, dass es nur eines klaren Tonfalls und der Nennung ihres Namens bedarf, dass sie weiß, wo die Grenze ist. Nervig finde ich es dennoch.
Was mich hingegen erheitert, ist ein Anruf mit unterdrückter Rufnummer auf meinem Handy. Kurz überlege ich, bin dann aber doch zu neugierig. Am anderen Ende meldet sich jemand kurz und meint: „Bin isch da rischtisch bei der Sterbehillllfe?“ Äääääääääääh? Nun gut, ich hätte schon die ein oder andere Idee für den ein oder anderen Menschen auf diesem Planeten. Aber offiziell? Nee. Und so antworte ich auch wahrheitsgemäß: „Äh, nein. Da sind Sie leider völlig falsch.“ Er setzt nach: „Aber isch hab´ doch hier die Nummer!“ Anhand seines Eifler Dialekts, schaltet mein Hirn sich ein. Ich kombiniere: „Reden Sie vielleicht von Ihrer Sterbegeldvorsorge?“ Immerhin war ich doch mal bei einer Versicherung. „Rischtisch.“ Nun ist eine Sterbegeldvorsorge-Versicherung doch etwas völlig anderes als eine Sterbehilfe…aber was soll´s? Es ist Montag. Ich komibiniere weiter: „Und jetzt gibt es einen Sterbefall in Ihrer Familie?“ „Nä. Isch wollt´ datt Jeld nur einfach ausbezahlt bekommen.“ Keiner tot, keiner, dem man beim Sterben behilflich sein müsste. Es verspricht, ein sonniger, netter Montag zu werden. Ich erkläre dem Herrn, dass ich seit fünf Jahren nicht mehr bei der Versicherung tätig sei, aber im Internet rasch nachschauen würde, wen er anrufen müsse. Ich bin ein Gutmensch…obwohl…nee, eigentlich nicht. Ich will wohl einfach Karma-Punkte sammeln, nachdem ich am Wochenende intellektuell so völlig verkackt habe. Aber mal ernsthaft: Der Herr klingt schon älter, ich habe den Rechner eh eingeschaltet, dann ist es kaum Aufwand, rasch die Nummer nachzuschlagen. Er bedankt sich auch hübsch artig, und ich sage: „Viel Erfolg! Und ich bin echt froh, dass keiner gestorben ist.“ Da lacht er: „Jo, isch auch.“

Was bleibt mir noch zu sagen? Ich denke nachher auf dem Balkon verweilend mal an Euch. Und keine Sorge, ich werde kein christliches Bild nachstellen und entsprechend meine Möpse nicht der Sonne preisgeben. Würde auch das Bild versauen, weil die alle milchweiß gemalt wurden. Wenn ich da auf einmal sonnenverbrannt eins meiner Exemplare ausstellen würde, würde ich ja nur Unruhe verursachen. Ihr seht schon: So ganz ernst kann ich gerade nichts mehr nehmen. Ich hoffe, Ihr startet auch mit ausreichend Humor in diese Woche. In diesem Sinne: Lasst raushängen, wonach Euch gerade ist, und vergesst das Lachen nicht!

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