Ich bin der Kracher. Also für alle, die das bislang noch nicht wussten. Eine meiner besten Eigenschaften? Ich nehme mich selbst nicht so ernst und kann über mich selber lachen. Das muss ich auch, um es mit mir auszuhalten. Da ist es mir auch nicht zu peinlich, meine Fauxpas zum Besten zu geben. So wie gestern. Ich bin – ganz deutsch – zur Reiseleitungserstveranstaltung. Ach, wie ich solche Worte liebe. Da dieser Termin exakt in der Mittagszeit liegt, macht es keinen Sinn, groß was zu unternehmen. Und so flagge ich mich kurzerhand auf den Balkon in die Sonne. Es sind gerade mal ca. 20 Grad, also optimal für mich. Während manche sich erst ab 26 Grad anfangen wohlzufühlen, geht es mir ab 26 Grad fast schon auf den Zeiger. Die Beine hab ich eingeschmiert, die Arme nicht, weil ich ein langärmeliges Kleid trage. Doof nur, wenn ich im Nachhinein feststelle, dass ich den rechten Ärmel häufiger nach oben geschoben haben muss, denn da ist es – ganz Streifenhörnchen – partiell rojo (gesprochen „rocho“, Bedeutung überraschenderweise rot). Wo das Kleid mal hochgeweht wurde, ist es auch partiell rojo. Da sieht’s aber außer mir keiner. Daher ist es wurscht. 

Mittags schlappe ich also rüber zum Treffpunkt, wo außer mir noch ein Pärchen eintrudelt. Es ist klassisch: Sie hat die Hosen an. Für diese Feststellung braucht es nicht mal zwei Minuten. Ich lausche kurz und sage dann: „Sie sind aber auch aus dem Rheinland, oder?“ Sind sie. Sie nennen mir Düsseldorf, doch das kann ich nicht glauben, also hake ich noch mal nach. Ja gut, sie sind eigentlich aus Aachen. Ach, die Welt ist ein Dorf. Wobei das auch nicht ganz korrekt ist, denn sie sind aus Stolberg. Hin, her, Linden küssen – was denn jetzt? Auch egal. Die Reiseleiterin macht ihren Job mit viel Schwung und Begeisterung… nicht. Ich finde es überall schwierig, wenn Menschen keine Lust auf ihren Job haben. Zu ihr passt das Lied „Eine Träne geht auf Reisen“. Sei es drum. Da ich morgen aufs Schiff gehe, ist es mir eh wurscht. Die beiden anderen gehen ebenfalls aufs Schiff, aber erst übermorgen. Ok. Da scheint es ja hier ein Kommen und Gehen der Schiffe zu sein… denke ich noch so. Und registriere dann, dass ich ja irgendwo den 22.3. in den Dokumenten gelesen hab. Also morgen. Wobei… warte mal…hääää? Wenn heute mein Namenstag ist, also der 20.3., dann… und schon lache ich los: „Uuups, ich geh dann doch erst übermorgen aufs Schiff.“ Kurzes fassungsloses Anstarren, wie jemand so völlig bekloppt sein kann, aber dann rettet er die Situation: „Dann gehen wir ja doch zusammen, wie schön!“ Ich will gar keinen Anschluss, aber egal. Das sitze ich mal locker aus. Ich muss immer wieder lachen, weil ich so verbaselt bin. Normal bin ich echt nicht. Allerdings hat das auch niemand behauptet – ich schon gar nicht. Als wir die wahnsinnig gelangweilte Reisetante verlassen, passiert es dann: Die Rheinländerin dreht sich um und sagt: „Ich bin übrigens die Gisela.“ Aaaalter, warum nur? Warum muss ich genau in solchen Momenten an Hape Kerkeling denken, der in Horst Schlämmer-Manier „Giiiselaaaaa“ raunt? Wer wohnt da oben in meinem Kopf??? Ich reiße mich – wenn auch schwerlich – zusammen und nenne meinen Namen, allerdings ohne DIE davor. Das ist sein Startschuss: „Und ich bin der Heinz!“ Hätte er jetzt Horst gesagt, wäre ich auch tot umgefallen. Jovial bietet er mir noch an, morgen Mittag nachzuschauen, ob ich fälschlicherweise vor dem Hotel auf meinen Shuttle warten sollte, was er mit einem Lachen garniert. Was freu ich mich und hoffe auf eine Kabine weit weg von ihnen. Trotzdem amüsiere ich mich noch den ganzen Tag über mich selbst. Wie kann man echt so gar nicht vorbereitet sein und sich nichts vorher anschauen? Ich kann, wie man sieht. 

Gut gelaunt schlendere ich ins Städtchen bzw. Richtung Strand. Hin ist es ja ok, weil es fast nur bergab geht. Zurück wird’s weniger lustig, weil ich dann alles wieder rauf muss. Wer hat sich das einfallen lassen??? Der Himmel ist mittlerweile bewölkt, also droht auch keine Sonnenbrandgefahr, gell? Das Streifenhörnchen in mir beweist mir am Abend das Gegenteil. Auch das kann mir nichts anhaben, solange ich das Meer riechen kann, der Wind um meine Ohren saust und ich der Brandung lausche. Keine Ahnung, warum ich im Süden wohne? Ich brauche das Meer – rau, wild, stürmisch. Bei dem Wind sind trotzdem Paragleiter unterwegs, was mich regelrecht fasziniert. Wenn die verrückt sein können, kann ich das auch. Und so gönne ich mir einen Mojito am Nachmittag, nachdem ich nur wenig am Morgen gefrühstückt hab. Wie hohl muss man sein? Denn der Gute kesselt binnen kürzester Zeit rein. Oooooooh, wer stoppt das Karussell? Niemand. Erst der Rückweg ernüchtert mich letztlich. Auch ok. Ich hab ja noch über einen Tag Zeit, wieder klar in der Rübe zu werden, bevor ich ans Bug des Schiffes getackert werde. Das dürfte reichen. 

Und so plätschert der Tag aus, der mir meine miserable Vorbereitung vor Augen geführt hat und dafür umso lustiger war. Gespickt wurde er mit dem schriftlichen Beweis, dass das Gerücht um meinen mir so verhassten obersten Boss der alten Firma stimmt: Er zieht weiter und bleibt nicht an unserem Standort. Ich hab gesagt, es würde nicht viel Zeit vergehen, bis er ginge, wenn ich weg wäre. Nicht etwa, dass das von mir abhängig war. Ich wusste lediglich, dass ich gehen musste, bevor es sich nun erstmal entspannt. Und was macht die Info mit mir? Nichts. Meine Entscheidung zu gehen, ist dennoch die richtige. Mein Hotelzimmer in Liechtenstein und der Leihwagen sind von der neuen Firma gebucht, das technische Equipment kommt am Tag nach meiner Rückreise an, und somit stehen alle Zeichen auf Anfang. Gut, dafür muss ich zunächst vom Schiffsbug abgekratzt werden, aber da bin ich zuversichtlich. Wer will schon die ganze Zeit so ’ne Olle am Schiff hängen haben, die sich permanent über sich selbst beömmelt? Mal schauen, was noch so meines Weges kommt? Ich freu mich jedenfalls drauf! Nur weitere Mojitos meide ich vorerst… glaube ich… naja, man wird doch wohl noch wanken dürfen. 

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