Gestern Abend haben sich Horroszenarien in meiner Wohnung abgespielt. Tatort war das Bett, also MEIN Bett. Ich habe mich zeitig in dessen Richtung begeben, meinen Kindle aufgestellt und seitlich liegend gelesen. Aaaaaaah, ich liebe diese Möglichkeit – zumal das Licht ausgeschaltet sein kann. Für mich als lichtscheues Wesen einfach eine super Sache. Plötzlich nehme ich auf Höhe des Kindles eine Bewegung wahr. Da schleicht sich eine Spinne in mein Sichtfeld!!!!!! In meinem Bett!!!!!! Vor Schreck stoße ich einen spitzen, hohen Schrei aus. Dazu muss man wissen, dass unter mir in der Wohnung eine Komissarin wohnhaft sein soll. Ich kenne nach zwei Jahren immer noch nicht das passende Wesen zu dieser Beschreibung, aber es wurde mir von mehreren Quellen diese Berufsbezeichnung bestätigt. Ich wette, sie ist nicht Zuhause. Andernfalls müsste schon das SEK informiert und mit Rammbock im Gepäck im Anmarsch sein….na gut, zumindest müsste es schon an der Tür klingeln, da ich die Balkontür auf Kipp stehen habe und mein Schrei echt nicht lustig war. Mit einem Satz (man, manchmal kann ich flink wie eine Gazelle sein) hüpfe ich aus dem Bett und hau´ auf mein Nachttischlämpchen. Nix ist zu sehen. Völlig panisch schüttel´ ich mein Haar aus. Wieder nix. Ich reiße den Kindle weg. Nix. Das Kopfkissen. Nix. Die Bettdecke. Wieder nix. Kurz zweifel´ ich noch mehr an meinem Verstand, als ich dies ohnehin schon immer tu´. Zefix, ich kann mich doch nicht so sehr getäuscht haben! Ich schiele zum Nachttisch, schiebe zwei Sachen beiseite: Und da ist sie! Mei, war die schnell. Und auch jetzt versucht sie wieder, Fersengeld (ja, mit F, nicht mit V!!!) zu geben. Da kann ich nicht erst den Staubsauger auspacken. Bis dahin ist die blöde Kuh längst über alle Berge und ich nicht mehr in der Lage, in diesem Zimmer zu pennen. Mein Handy? Nein, das könnte ich nie wieder verwenden. Ich greife nach der Taschentuchbox und schlage beherzt zu. Ok, zur Sicherheit einfach noch mal drauf. Und schon bewegt sie sich nicht mehr. Aber es könnte ja auch so ein hinterlistiges Miststück sein, das beim Theaterkurs richtig gut aufgepasst hat und sich nur so anstellt, als sei es tot. Quasi die Erdmännchen-Taktik auf Spinnenniveau. Ist das nicht Method Acting? Ich flitze in die Küche, hole Kehrblech und Handfeger, bugsiere den Kadaver auf die Schaufel und begehe eine kurze, schmerzlose Toilettenbestattung. Einmal die Spülung betätigt, und schwups, ist sie schon hinaus ins offene Meer geschwommen. Ein kurzes, hysterisches Zucken mit laut aufflackerndem Lachen durchzieht meinen Körper nach dieser Anspannung. Wie kann man nur so blöde wie ich sein? Ich verstaue alles wieder an seinen Platz, schüttel´ noch mal die Haare aus und lege mich wieder hin. Überall krabbelt und kriecht es um mich herum. Da meine Familie auch spinnt, schätze ich, dass wir ganz entfernt mit Spinnen verwandt sein könnten. Und da meine Familie schon fast mafiöse Großfamilienstrukturen besitzt, vermute ich natürlich auch, dass die ganze Bagage hier irgendwo hockt und nur darauf lauert, mein Bett und mich zu stürmen. Es dauert also – verständlicherweise – etwas, bis sich mein Blutdruck normalisiert. Irgendwann umschlingen mich aber Morpheus Arme doch noch. Im Traum kommt allerdings ein kleiner Alligator vor, der völlig harmlos ist und über den Rasen trabt. Daneben läuft mein großer Neffe (heute schon 18 geworden!!!) aber als kleiner Junge und quietscht vergnüglich vor sich hin. Nein, ich nehme (noch?) keine Medikamente. Aber ich denke zunehmend häufiger darüber nach.
In der Arbeit ist es heute recht angenehm. Relativ früh sucht mich der Betriebsrat meines Vertrauens heim. Seine Eröffnungsfrage haut mich vor Lachen fast vom Stuhl: „Wo is’n Dei keandalg’fiadate Kollegin?“ Ich verstehe nur Bahnhof. Soll heißen: Deine mit Körnern gefütterte Kollegin. Kurz hatte ich was anderes vermutet und mir vorgestellt, wie so Körner sie tatsächlich vergenusswurzeln. Herrlich! Das macht mir gleich perfekte Laune. Die Olle (politisch nicht korrekt, ich weiß) hat diese Woche Urlaub. Ab nächster Woche kann sie wieder hektische Flecken bekommen und schlechte Laune versprühen…da bin ich nämlich wieder in Straubing. Juchuuuu! Kurz nach diesem Kollegen kommt auch schon der nächste – hier aber offizielle – Termin. Ein Coachee, mit dem ich heute Rücksprache habe. Ihn mag ich sehr. Er ist noch nicht so lange hier. Seine zu betreuuenden Baustellen bei der Vorgängerfirma lagen bisher eher in so Gegenden, wie dem Sudan. Wunderschöne Urlaubsorte – ha ha. Und quasi keine Zeit für seine Familie. Nach Krebsdiagnose und Ansage vom Arzt: „Regeln Sie mal besser alles. Ich schätze, so sechs bis neun Monate, aber nicht länger“, hat er einiges radikal umgestellt. Der Krebs hat – aus Sicht der Ärzte erstaunlicherweise – nicht weiter gestreut, weshalb der Gute nun seit sechs Jahren ohne Befund ist. Klar, dass er der Arbeit zwar noch Bedeutung beimisst, ihr aber nicht mehr die oberste Prio gibt – zumal mit vier Kindern. Solche Menschen berühren mich irgendwie. Es gibt manch einen, der daraufhin eine Endlos-Depri-Nummer schiebt. Aber er sieht all das Positive. Und doch ertappe ich ihn dabei, wie er immer recht negativ realiviert, wenn wir auf ihn zu sprechen kommen. Kurz erkläre ich ihm dann die Tatsache, dass das Hirn keine Negationen kennt. Wir fachsimpeln, schauen uns die Firmenstrukturen an und wie wir manche Entwicklungen wahrnehmen. Die Stunde ist viel zu schnell um. Er strahlt mich an und freut sich auf alles Weitere, was da bei unserer Zusammenarbeit noch kommen wird. Solche Menschen hinterlassen so ein wohlig warmes Gefühl in der Bauchgegend. Mein Termin bei der Ausbildungsabteilung verläuft auch gut. Die Jungs freuen sich, dass ich anbiete, mal bei ihnen einen Schnupperkurs zu machen. Interesse wird in der Regel immer sehr positiv aufgenommen. Und ich interessiere mich ja wirklich für ihre Tätigkeiten – wenn ich auch gleich einräume, handwerklich ausschließlich zwei linke Hände zu besitzen.
Während meiner Mittagspause läuft mir zufällig auch wieder mein alleroberster Boss übern Weg. Dieses Mal drückt er mir einen Spruch, worauf er pronto auch einen kassiert. Zu meiner Mittagspausenbegleiterin sagt er: „Des is verreckat – die woas imma no a Ontwoat. Aba, so sans, die Rheinländer.“ Ich hebe den Finger: „Vorsicht, gerade sind wir zwei von der Sorte!“ Er winkt ab: „B´sondas schlimm.“ Und so zieht er von dannen.
Zum Abschluss des Tages erfahre ich dann endlich auch, dass diese andere Rheinländerin mit Befristung höchstwahrscheinlich doch festangestellt werden kann. Wie heißt es immer so schön? Es geht alles – man muss nur die richtigen Leute fragen. Und in ihrem Fall ist es absolut richtig, da sie wirklich in ihrem Bereich eine Koryphäe ist. Fällt jemand Beratendes wie ich aus, kann die Firma das schon verschmerzen. Aber in Sachen technisch ausgebildete Personen, wird es schon schmerzlicher, wenn man jemanden gehen lassen muss. Da darf man auch ruhig ehrlich mit sich selbst sein.
Es ist also ein guter Tag. Und ich habe mir fest vorgenommen: Der morgige wird es auch. So. Dann lass´ mal kommen.
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