Heute kann ich ausschlafen. Sag´ das mal meinem Körper, der daran gewöhnt ist, früh wach zu werden. Trotzdem drehe ich mich voller Elan noch ein paar Mal rum und döse einfach weiter. Irgendwann schaffe ich es dann aber auch nicht mehr und stehe auf. Das ging in jungen Jahren deutlich besser. Da war es auch ok, bis elf Uhr im Bett rumzulungern. Meine Neffen schaffen das auch. Das schaffe ich heute nicht mehr…es sei denn, ich hätte die ganze Nacht durchgefeiert. Ha, was für ein Scherz in der momentanen Zeit, hm?

An diesem Tag haben gleich zwei Menschen Geburtstag: Mein ehemaliger, fränkischer Chef und ein ehemaliger Coachee von mir, der aber noch zu meinen aktuellen Kollegen zählt. Beiden gratuliere ich per What´s App. Diese Funktion hat´s echt viel leichter gemacht, in Kontakt zu bleiben. Mein Wunsch für meinen Kollegen formuliere ich zotiger, als das normalerweise der Fall ist. Keine Ahnung, wieso ich das schreibe, aber es ist was in die Richtung: „Zu Deinem Ehrentag wünsche ich Dir, dass Dein Sohn durchweg supersüß ist, Deine Frau willig und auch alle anderen tun, was Du sagst.“ Dazu muss man sagen, dass sein Sohn noch recht klein ist und derzeit gerne die Trotzphase auslebt und einen Zwergenaufstand probt. Er antwortet mit einem Bild und der Schrift darunter: „zu spät für willig“. Das Bild zeigt zwei große Büroklammern und eine kleine. Eine der großen Büroklammern hat allerdings im Innenraum noch eine kleine Büroklammer. Ääääääh…? Ist es das, was ich denke, das es ist??? Sie haben es noch niemandem gesagt, aber ja: Da wächst wohl was Kleines heran. Und da sitze ich aufrecht im Bett und seufze vor Glück. Er ist ein ganz entspannter Papa, hört nach wie vor seine Metal-Musik und hat seine verrückte Art nicht abgelegt. Und sie? Ist ohnehin nicht glücklich in ihrem Job und auf der Suche nach was anderem. Da passt es doch, sich verstärkt auf die Familie zu konzentrieren. Ach, ich find´s einfach schön.

Passend zu dieser Stimmung, schickt mir meine liebe Kollegin aus Italien ein Bild mit dem Spruch: „Hannibal Lecter hat unhöfliche Menschen ja ganz einfach aufgegessen. Ich wollt´s nur gesagt haben.“ Wenn das nicht der perfekte Einstieg fürs Wochenende ist! Ich schreibe noch kurz zurück: „Oh je, da muss ich jetzt aber viel essen“, bevor ich ganz ausgiebig und in Ruhe frühstücke. Gerade ist´s schon schön…

Und weil es schön ist, spielt das Wetter auch gut mit. Gut, ich muss mich mit Allergiemittel dopen, doch es funktioniert recht gut. Doch, noch bevor ich auf den Balkon gehen kann, ruft mich Herr Leckebusch mal wieder an. Seine Frau ist wohl bei seiner Schwiegermutter im Heim. Und wenn er freie Bahn hat, ruft er gerne bei mir an. Dann klönen wir, was das Zeug hält. Ich erinnere mich daran, wie sehr er es gehasst hat, wenn die jüngeren Leute früher in den Seminaren „ok“ gesagt haben. „Ok“ sei doch keine vernünftige Sprache! Da die Zielgruppe damals Menschen in Sozialverbänden waren, die krank und/oder alt waren, wollte er allen das „Ok“ abgewöhnen – und wenn wir schon dabei sind, auch gleich die Fäkalsprache. Heute erzählt er allerdings von einem Bekannten, der im Vorstand seines Schlaraffen-Vereins ist. Der bekäme nichts auf die Reihe und lebe nach dem Motto: „Der liebe Herrgott hat es so gefüget.“ Denn so müsste er ja nie selbst aktiv werden. Ein Graus für jeden aktiven Menschen – selbst mit 81 Jahren. Doch plötzlich sagt er: „Hab´ ich dem jesacht: Datt is doch für´n Arsch!“ Gespielt empört werfe ich ein: „Herr Leckebusch, datt sind ja mal janz fremde Töne. Wie kommt datt denn???“ Und schwups haut er raus: „Wenn ich mich da gewählter ausdrücke, dann denkt der doch, datt is´n Vortrag bei WDR3 und pennt mir direkt weg. Den musste ich ma wachrütteln.“ Ach, der gute Herr Leckebusch. Ich kann mir so richtig vorstellen, wem der da alles den Kopf geraderückt. Bei seiner guten Laune und seinem Tatendrang ist es für viele schwer, sich zurückzulehnen und zu sagen: „Das geht nicht, weil….“ Müde Ausreden enttarnt er, und lässt den anderen auch nicht von der Angel. Ich hoffe sehr, in seinem Alter noch den Elan zu haben. Der braucht keine Aufforderung, für sich einzustehen. So anders, als es gestern im Gespräch war…obwohl ich den Kollegen sehr mag und schätze.
Herr Leckebusch ist für mich eine Art Mentor oder auch väterlicher Freund, den ich so dringend brauche. Wenn er Sprüche bringt, wie: „Da ham wer reingehauen, wie Max inne Graupen!“, dann klingt das nach alten Redensarten. Doch das passiert mit einer Leidenschaft, die sein Alter Lügen straft. Es braucht mehr Menschen mit dieser positiven Energie. Ihm ist auch einiges im Leben nicht gelungen. Doch er hat daraus gelernt, statt den Kopf in den Sand zu rammen und zu jammern. Mehr davon!!!

Und so beschwingt, krame ich zwei meiner Schubladenschränke durch und sortiere großzügig aus. Mein Schrank kommt auch noch irgendwann dran. Aber nach einem großen Sack für die Altkleidersammlung, schaue ich nach draußen und lasse mich von der Sonne locken. Die Wäsche ist bereits aufgehängt, warum also nicht einfach die Seele baumeln lassen? Mit Cappuccino und meinem Kindle haue ich mich auf den Balkon und lausche dem Gezwitscher der überdrehten Vögel. Oppa schräg gegenüber hat auch die diesjährige Feinripp-Unterhemd-Saison eingeläutet. Der Sommer kann also kommen. Gut, einer schmeißt kurz einen Kantenschneider an, was ihm aus dem dritten Stock ein: „MITTAGSRUHE“ einbringt, aber sonst ist alles friedlich. Charme hat eine Mietwohnung in einem Mehrparteienhaus nicht, aber es gibt Schlimmeres. Ich lasse mich von der Sonne verwöhnen und verplempere den Tag – ohne schlechtes Gewissen. So fühlt sich Zufriedenheit an. Herrlich!

2 Kommentare

  1. Ich habe heute auch Kleider aussortiert und auf Sommer umgestellt. Das tat gut, sollte man öfter machen. Verrückterweise habe ich direkt Lust auf ein paar neue Teile bekommen, vielleicht ergibt sich ja diesen Sommer doch Gelegenheit, sie auch zu tragen. So die Schnauze voll vom Homeoffice-Schlabberlook. Wünsche dir nach dem positiven Start ins WE einen ebenso zufriedenen Sonntag! 😊

    Like

    1. Danke! Ich hab auch nen Stapel Sportklamotten gefunden. 😮 Es hat aber nix bewirkt. 😉
      Ich gebe morgen mein Bestes, bin aber zuversichtlich. Hab Du auch ein tolles, glücklich-zufriedenes Wochenende. 😎

      Gefällt 1 Person

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s