Es ist Freutag, äääh, Freitag. Heute habe ich mal keinen Workshop oder dergleichen. Einfach nur konzeptionelle Arbeit. Hin und wieder ist so ein Tag dann ganz ok. Nicht, wenn ich es dauernd machen muss. Nächsten Freitag hingegen werden wir wieder viel und intensiv diskutieren – und bringen nichts aufs Papier. Wer mich kennt, weiß, wie gerne ich diskutiere. Das steht außer Frage. Trotzdem sind mir unsere Regelrunden ein Graus, weil eben nur Laber-Rhabarber gemacht wird, ohne ein Ergebnis zu verfolgen. Das nervt dann schon auf Dauer. Ja doch, ich bekomme ja mein Gehalt, weshalb ich mich wohl nicht beschweren dürfte. Es ist dennoch ermüdend und zermürbend.
Ansonsten hat sich meine Laune wieder akklimatisiert. Ist auch besser so, weil ich es sonst nicht gut mit mir aushalten kann. Wie hat meine liebe Freundin Anfang der Woche so treffend gesagt? Wir sind wohl alle mittlerweile durch diese pandemische Lage äußerst dünnhäutig geworden. Dem kann ich leider nur beipflichten. Immerhin reden wir mittlerweile ja auch bereits von zwei Jahren, in denen wir so leben – immer im Ungewissen, nichts ist planbar. Wenn man sich manche Länder auf der Welt anschaut, dann kennen sie gar nichts anderes als Unsicherheit. Und der Mensch ist ja in der Lage, sich dann doch immer irgendwie anzupassen und zu gewöhnen. Aber wir im Westen waren eben ein vermeintlich sicheres, planbares Leben gewöhnt. Ganz schön dekadent, oder? Manchmal habe ich mir das schon bewusst gemacht, doch meist einfach nur als selbstverständlich hingenommen. Und auch, wenn ich gerne moppere: Ich kann mich sehr gut anpassen und aushalten. Da gibt es andere, die sich weitaus schwerer damit tun. Doch auch bei mir ist jetzt der Punkt erreicht, an dem ich echt keine Lust mehr habe, immer nachzufragen, welche Regel jetzt wie gilt. Am Dienstag habe ich dann im Radio vernommen, dass in Bayern die Sperrstunde in der Gastro aufgehoben sei. Huch, da habe ich aber mal blöd geschaut: Sperrstunde? Hatte ich ja gar nicht mitbekommen. Ja liebes Herrgöttle von Bieberach: Wann bin ich denn mal so lange unterwegs? Ab 22 Uhr mussten die Restaurants schließen. Ja, da liege ich doch mit meinem Hintern längst im Bett! Die Gastronomen wollten zur Feier des Tages um diese Uhrzeit eine Runde aufs Haus ausgeben. Äääääh….dafür dann im Nachthemd ins Restaurant zu tapern, habe ich dann doch nicht eingesehen. Ob diese Sperrstunde so sinnvoll war, wage ich ohnehin zu bezweifeln. Diesen Wildwuchs an Regeln kann doch mittlerweile eh niemand mehr nachvollziehen.
So auch letztens mit meiner Sis. Während ich im Dezember in NRW war, fiel in Bayern die FFP2-Maskenpflicht. Medizinische Masken würden ausreichen. Als sie und mein Schwager mich vor drei Wochen besucht haben, ist meine Sis ganz blauäugig in eine Bäckerei gelaufen – mit medizinischer Maske, wohlgemerkt. Nur um dann angeraunzt zu werden, sie würde damit eine Regelwidrigkeit begehen. Es herrsche FFP2-Maskenpflicht! Hallo?! Ich wäre so weit, abgeholt werden zu können. Ja, ruhig auch mit der Jacke, die man hinten schließt.
Es ist wohl so, wie mit der Fahrprüfung, die ich vor etlichen Jahren absolviert habe. Der „Kleine“ meiner Sis macht heute die praktische Prüfung. Bei der schriftlichen meinte er nur: „Müsstet Ihr das heute noch mal machen, würdet Ihr durchfallen, meint mein Fahrlehrer.“ Und wisst Ihr, was? Ich glaube das sogar auch. Letztens haben sie eine Umfrage zu Verkehersschildern gebracht, die im Einsatz sind, aber kaum jemand richtig zu deuten wusste. Es gilt wohl die Regel, dass man sich da immer schlau machen und auf den neuesten Stand bringen muss. Aber mal Hand aufs Herz: Wer tut das denn? Die Wenigsten, oder? Mir fiele nur eine Person dazu ein. 🙂 Jetzt kann man sagen: Wir Menschen sind einfach faul und bequem. Sind wir auch. Aber in unserem Regelwald kennt sich ja keiner mehr aus. Und überall gilt was anderes. In einer Welt, in der eh alles immer komplexer wird, ist das aber auch eine Form, mit der Reizüberflutung gesund umzugehen.
Manchmal wünsche ich mich zurück in den Dschungel von Peru. Das ist kein einfaches Leben dort, aber die Regeln sind klar und verständlich: Versuch, zu überleben, hol´ Dir Hilfe in Deiner Gemeinschaft, und teile, was Du hast. Klingt stark vereinfacht, und die Menschen sind da auch nicht alle Engel. Aber die Regeln sind nachvollziehbar und daher auch umsetzbar.
Um meine gute Laune zu erhalten, werde ich am Wochenende was unternehmen. Morgen gehe ich mit einer Freundin in die alte Pinakothek. Ich bin kein großer Kunstfan und laufe auch nicht gerne ins Museum, doch die alte Pinakothek will ich schon besuchen, seit ich das erste Mal in Bayern gelebt habe – also 2011. Oh man, wie die Zeit vergeht, oder? Sonntags besuche ich dann meinen Kollegen, dessen Frau mich gestern völlig schockiert angeappt hat. Sie sei zur Prüfung im März zugelassen. Dabei haben alle gesagt, sie solle sich für März anmelden, da sie ohnehin in den Oktober geschoben werden würde. Ääääh, jetzt sei sie völlig perplex. Ihr Baby ist gerade mal ein paar Wochen alt. Der „Große“ von ihnen spielt gerade das Spiel: „Nur die Mama – aaaaaaaaaaaaaaaah! Nur die MAMAAAAAAA!“ Es ist also nicht die entspannteste Zeit bei ihnen. Und gerade darin liegt vielleicht das Erfolgsrezept? Während ich mich völlig verrückt gemacht habe, diesen Rotz zu bestehen, hat sie keine echte Zeit, sich Sorgen zu machen. Ich bringe ihr also Bücher vorbei und werde sie bestärken. Krass. Wenn ich so zurückblicke, bin ich immer noch einfach nur froh und dankbar, das hinter mir zu haben. An den Wochenenden ist es manchmal noch komisch, weil es sich so leer anfühlt, aber ich fange an, diese Leere ein bisschen zu genießen. Ich weiß: Bis die nächste Fortbildung mich wieder packt. Nur eben nie mehr mit so einer Prüfung. Dafür bin ich eindeutig zu alt.
Jetzt schaue ich mir wieder meine Konzepte an und stricke daran weiter. Ab Mittag soll die Sonne rauskommen. Dann werde ich mich auf den Balkon hocken, einen Kaffee schlürfen und mein Gesicht gen Sonne ausrichten. Noch sieht es zwar grau aus, doch ich vertraue mal voll und ganz auf den Wetterbericht und darauf, dass Vitamin D meine Laune weiter ankurbeln wird. In diesem Sinne: Happy weekend und bunte Abenteuer Euch allen!
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